»Ungefähr zehn Prozent aller Covid-Patienten erkranken an Long Covid.«

Quelle:Deutsche Rentenversicherung Westfalen Prof. Dr. Frank C. Mooren, Long Covid-Rehabilitand Peter Nickel und die Leiterin des Therapiezentrums in der Klinik Königsfeld, Carolina Foth (v. li.)

„Es waren nicht einmal zehn Minuten, die unsere Freunde bei uns zu Hause waren. Sie haben eigentlich nur kurz ‚Guten Tag‘ gesagt.“ Doch Peter Nickel kosten diese wenigen Minuten des „Hallos“ fast das Leben. Das befreundete Ehepaar bringt ihm und seiner Frau Anfang Januar nicht nur herzliche Grüße, sondern gleich das Coronavirus mit ins Haus. Mit Peter Nickels Gesundheit ging es rasend schnell bergab. Binnen vier Tagen nehmen Infektion und Covid-Erkrankung derart an Schwere zu, dass er direkt von zu Hause auf die Intensivstation kommt. Doch der 61-Jährige hat irgendwie Glück im Unglück: Nach einer Woche hartem Leiden und Ringen um Luft und ums Überleben kann er bereits wieder auf die Normalstation verlegt werden, darf nach insgesamt 21 Tagen das Krankenhaus sogar verlassen. „Ich war zwar geheilt – aber irgendwie richtig besser wurde es dann doch nicht“, beschreibt der Lagerarbeiter aus Gütersloh: ständig müde, extrem schlapp, jede noch so kleinste körperliche Anstrengung führt sofort zu Kurzatmigkeit und Erschöpfung. „Erst haben wir gedacht, es bessert sich irgendwann schon. Das hat es aber nicht.“ Seine Hausärztin kann ihm nicht helfen – hat aber die entscheidende Idee: „Machen Sie eine Reha gegen Long Covid!“

Spezielles Therapiekonzept

Und die beginnt Peter Nickel im Mai in der Klinik Königsfeld. Die Klinik in Ennepetal ist die erste in der Klinikgruppe der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, die sich mit einem speziellen Therapiekonzept auf die neue Patientengruppe eingerichtet hat. „Wir sind dafür geradezu prädestiniert mit unserem Schwerpunkt Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch mit den anderen Fachangeboten und Kompetenzen“, verdeutlicht der ärztliche Direktor Professor Frank C. Mooren. Gerade das Zusammenspiel einer breiten Palette von Therapieangeboten wie in der Klinik Königsfeld ist für den Erfolg einer Long Covid-Reha wichtig. Die Patientinnen und Patienten eint dabei eine ganz typische Symptomatik: Ein mitunter sehr gravierender Leistungsverlust – egal, ob durch die Kurzatmigkeit, durch muskuläre Probleme oder durch eine schnelle Müdigkeit, aber auch massive Konzentrationsschwierigkeiten und begleitende psychische Probleme. „Dieses zentrale Element ‚Leistungseinschränkung‘ ist der gemeinsame Leidenspunkt für alle Patientinnen und Patienten und für uns der zentrale Baustein im Therapieansatz gegen Long Covid“, berichtet Mooren. Er verbindet dabei im Long Covid-Konzept der Klinik Königsfeld die „klassische“ Rehabilitation mit dem enormen Fachwissen aus seiner früheren Forschungs- und Lehrtätigkeit als Sportmediziner.

Durchtamen in der Höhle

Ausdauertraining, Muskelaufbau und Krafttraining, Atemphysiotherapie, Hirnleistungstraining sowie eine psychologische Betreuung – das wird abgestimmt auf den jeweiligen Patienten in der Long Covid-Reha der Klinik Königsfeld eingesetzt. Natürlich lernen auch die Medizinerinnen und Mediziner, Therapeutinnen und Therapeuten der Klinik in diesem Prozess des neuen Reha-Angebots hinzu, optimieren es und begleiten die Umsetzung des Konzepts wissenschaftlich. Dabei geht die Klinik auch neue Wege, die im Grunde aber auch schon alt bekannt und bewährt sind: „Man muss sie nur wiederentdecken und klug mit einbauen. Wir bringen beispielsweise geeignete Patientinnen und Patienten in die Kluterthöhle, die nicht weit von uns entfernt liegt“, berichtet Professor Mooren. Die Höhle hat ein besonderes Mikroklima und ist schon seit den 1950er Jahren eine anerkannte Heilhöhle. Gerade den Patientinnen und Patienten mit Atemproblemen tue der Aufenthalt dort unheimlich gut. „Schon nach dem ersten Besuch der Höhle konnte ich zwei Stunden lang wieder richtig gut durchatmen“, bestätigt auch Patient Peter Nickel.

»Ich bin wieder stark!«

Der Bedarf an Reha-Plätzen für die Behandlung von Long Covid ist enorm, wobei der Schweregrad der Erkrankung stark abweicht. Ein Teil der seit Mai aufgenommenen Patientinnen und Patienten sei von Long Covid so schwer betroffen, dass sie über Monate gar nicht arbeitsfähig seien. „Da setzt unsere Reha an“, formuliert Mooren das Ziel: „Wir möchten, dass die Menschen trotz Long Covid wieder zurück an ihren Arbeitsplatz finden, in ihren Beruf können!“ So wie Peter Nickel aus Gütersloh: „Ich habe seit dem 7. Januar nicht mehr gearbeitet. Es ging körperlich einfach nicht. Dieses Gefühl, nicht arbeiten zu können, macht einen zusätzlich fertig. Doch das ist jetzt anders!“, sagt er – und man sieht ihm die Erleichterung und die zu einem großen Teil wiedererlangte körperliche Fitness nach vier Wochen Long Covid-Reha in der Klinik Königsfeld förmlich an: „Ich bin wieder stark! Ich kann, ich will wieder arbeiten. Diese Reha hier ist ‚1 A‘. Das ist große Klasse, was die Ärzte und Therapeuten hier für mich getan haben!“