Deutsche Rentenversicherung

Umsetzung der Reformen prägen die Rentenpraxis

Datum: 13.12.2018

  • Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen
  • Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Verch: Lob und Kritik an Neuerungen
  • Fahrplan für Mütterente II steht

Von der sogenannten Mütterrente II werden ab dem kommenden Jahre allein bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen rund 460.000 Mütter bzw. Väter profitieren. Diese Zahl nannte der Vorstandsvorsitzende der DRV Westfalen, Prof. Dr. Volker Verch, heute (13.12.) vor der Vertreterversammlung des westfälischen Rentenversicherungsträgers in Münster. Die Vertreterversammlung ist das Parlament der DRV Westfalen. Sie setzt sich paritätisch aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammen. Die DRV Westfalen betreut mit rund 4 Millionen Menschen gut die Hälfte aller in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten in dieser Region.

Die Mütterrente II gehört zum erst vor wenigen Wochen beschlossenen Rentenpakt der Bundesregierung. Durch die Neuregelung erhalten Mütter bzw. Väter eine Ausweitung der Anrechnung von Erziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Bislang wurden für sie lediglich zwei Jahre angerechnet, ab 2019 gibt es nun einen halben Entgeltpunkt zusätzlich. Das entspricht einer monatlichen Rentenerhöhung von ca. 16 Euro pro Monat und Kind.

Die technische Umsetzung ist aufwendig und führt teilweise zu einer verzögerten Auszahlung, erläuterte Prof. Verch. Zwar werden bei Neurenten mit Rentenbeginn ab Januar die neuen Beträge schon zum Jahreswechsel errechnet sein. Aber die Neuberechnungen für die Bestandsrenten – sie sind der weit überwiegende Teil - werden angesichts der großen Menge erst etwas später abgeschlossen sein können. Die Nachzahlungen sollen jedoch bis spätestens Mitte des Jahres erfolgen. Prof. Verch machte auf eines besonders aufmerksam: Ein gesonderter Antrag auf die Mütterrente ist grundsätzlich nicht notwendig. Lediglich Adoptiv- und Pflegeeltern, die Mütterrente beanspruchen, müssen bei ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger formlos einen Antrag stellen.

Neben der Mütterrente nahmen auch die anderen beschlossen Leistungsverbesserungen im Rentenrecht und der Ausblick auf die weiteren rentenpolitischen Vorhaben der Bundesregierung breiten Raum im Vorstandsbericht ein. So begrüßte Prof. Verch die deutlichen Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten ab 2019. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass Bestandsrentner von diesen Verbesserungen nicht profitieren würden – gerade vor dem Hintergrund des Schutzes vor Altersarmut. Prof. Verch sprach dabei von einer „deutlichen Diskrepanz in der Rentenhöhe“ zwischen Alt- und künftigen Fällen bei Erwerbminderungsrenten. Zudem erneuerte er die Befürchtung der Rentenversicherung, dass die neuen Verbesserungen falsche Anreize geben würden. Die Folge könnten deutlich steigende Antragszahlen mit erheblichem Mehraufwand in der Sachbearbeitung, in der sozialmedizinischen Begutachtung und im Auskunfts- und Beratungsdienst sein.

Auch beim Blick auf noch anstehenden Reformvorhaben der Bundesregierung gab es deutlich warnende Worte des Vorstandsvorsitzenden. Ziel der Grundrente ist die Honorierung von Lebensleistung: Wer 35 Jahre mit Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweist, dem soll im Alter ein regelmäßiges Alterseinkommen von zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs zugesichert werden. Bei der Umsetzung dieses Ziels dürfe es nach Ansicht der Rentenversicherung aber zu keiner Vermischung von Versicherungs- und Fürsorgeleistung kommen. Alles andere sei weder sinnvoll noch praktikabel. Die Ermittlung der Bedürftigkeit müsse die originäre Aufgabe der Träger der Grundsicherung vor Ort bleiben, betonte Prof. Dr. Verch deutlich in Richtung Berlin. Dort hat das Bundesarbeits- und Sozialministerium zur Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens zur Grundrente einen „Bund-Länder-Sozialpartner-Dialog“ gestartet hat.

Auch zur geplanten Versicherungspflicht für Selbständige in Sachen Altersvorsorge rief Prof. Verch zu Regelungen auf, die sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die verwaltungstechnische Umsetzung leistbar sein müssten. Allein im Zuständigkeitsbereich der DRV Westfalen rechne man damit, dass bis zu rund 150.000 Selbständige unter die Neuregelungen fallen könnten. Zum Vergleich: Derzeit fallen gerade einmal 15.650 versicherungspflichtige Selbstständige in den Zuständigkeitsbereich der DRV Westfalen. Aus Sicht der Rentenversicherung sollte eine Stichtags- und Übergangsregelung eingeführt werden und die Vorsorgepflicht nur für Neufälle gelten.

BILDZEILEN:

- Prof. Dr. Volker Verch, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Rentenversicherung Westfalen