Deutsche Rentenversicherung

Gedenken an einen unermüdlichen Kämpfer für Wiedergutmachung

Die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd, das Netzwerk „Zeugnis Zeugen“ und der Verein NordOstKultur erinnern an Philipp Auerbach.

Datum: 16.05.2025

Gemeinsam haben die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd, das Netzwerk „Zeugnis Zeugen“ und der Verein Nord-OstKultur ein Zeichen für eine lebendige Erinnerungskultur und zivilgesellschaftliches Engagement gesetzt. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München, Dr. Charlotte Knobloch, und weitere Gäste aus Politik, Kultur, Verwaltung und Medien gedachten des Auschwitz-Überlebenden und ehemaligen Staatskommissars für politisch, rassisch und religiös Verfolgte in Bayern, Philipp Auerbach.

Die Veranstaltung fand in einem Verwaltungsgebäude der DRV Bayern Süd in der Holbeinstraße 9 in München statt, in dem Auerbach im Jahr 1946 seine Arbeit als Staatskommissar aufgenommen hatte. Der Autor der Biografie von Philipp Auerbach, Hans-Hermann Klare, führte durch das Programm.

Der Gründer von „Zeugnis Zeugen“, Armin Zemann-Caspary, erzählte, wie seine Mitstreiterin Ruth Back und er auf Klares Buch aufmerksam geworden seien. Die „differenzierte und einfühlsame Beschreibung eines Menschen ohne Idealisierungen“, habe sie dazu bewogen, sich für das Gedenken an Auerbach zu engagieren. Auch über die Veranstaltung hinaus wolle man sich dafür einsetzen, dass in München eine Straße nach Philipp Auerbach benannt wird.

Das Wirken Auerbachs fasste Klare so zusammen: „Sein Leben aber war nicht vor allem deshalb bemerkenswert, weil er dem Tod durch Kälte, Krankheit und SS in jenen Jahren entkommen war. Es war außergewöhnlich, weil er im Bewusstsein dieses Leidens hier in München etwas Großes begann: Er baute eine Behörde auf, die etwa Hunderttausend Seinesgleichen eine Zukunft gab, zunächst durch Kleiderspenden und Unterkunft oder medizinische Behandlung, schließlich durch Hilfe zur Auswanderung und Wiedergutmachung.“

Auerbachs kompromissloser Einsatz sei oft umstritten, die Kritik an seinem Tun oft antisemitisch gewesen. In einem Skandal-Prozess verurteilten ihn Richter mit NS-Vergangenheit im August 1952 wegen angeblicher Bestechung und lückenhafter Buchführung zu einer Haft- und Geldstrafe. Auerbach nahm sich am selben Tag das Leben. Er wurde 45 Jahre alt. Ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags rehabilitierte ihn 1954 vollständig.

Die alternierende Vorsitzende des Vorstands der DRV Bayern Süd und stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bayern, Dr. Verena Di Pasquale, betonte in ihrer Rede, dass sich der Rentenversicherer gerade selbst mit seiner Rolle während der NS-Diktatur auseinandergesetzt habe, als sie durch „Zeugnis Zeugen“ von Auerbachs Geschichte erfuhr: „Uns als Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd ist es sehr wichtig, einen Beitrag gegen das Vergessen zu leisten. Wir wollen Geschichte transparent machen. Wir wollen erinnern – an geschehenes Unrecht genauso wie an mutige, aufrichtige Charaktere wie Philipp Auerbach.“

Dr. Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter des Freistaats Bayern, hob in seiner Ansprache die Bedeutung der Veranstaltung für die Erinnerungskultur in Bayern hervor. Die Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München, Dr. Mirjam Zadoff, ordnete Auerbachs Schicksal in den historischen Kontext der Nachkriegszeit ein.

Anschließend enthüllten Jonathan Coenen und Rhiannon Moutafis vom Erinnerungsort BADEHAUS, Waldram-Föhrenwald, eine Gedenktafel an der Außenfassade des Gebäudes, die künftig an Auerbach erinnern soll.

Hintergrund:

Als Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung ist die DRV Bayern Süd in den Regierungsbezirken Niederbayern, Oberbayern und Oberpfalz für rund 4 Mio. Versicherte und Rentnerinnen und Rentner zuständig. Im Jahr 1906 errichtete die damalige Landesversicherungsanstalt Oberbayern ihren Amtssitz in dem Gründerzeitbau in der Holbeinstraße 9. In der Nachkriegszeit waren dort unterschiedliche Behörden untergebracht. Mittlerweile hat die DRV Bayern Süd in München ihren Sitz im Stadtteil Neuperlach.

Mehr über das Netzwerk „Zeugnis Zeugen“ erfahren Sie auf dessen Webseite: https://www.zeugnis-zeugen.de/

Buchtipps:

  • Hans-Herrmann Klare: Eine jüdisch-deutsche Tragödie. Wie der Antisemitismus den Krieg überlebte. Aufbau-Verlag.
  • Dr. Christoph Wehner, Prof. Marc von Miquel: Die bayerischen Landesversicherungsanstalten im „Dritten Reich“. Zum Download.