Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) haben zusammen den Berufsgesundheits-Index Pflege (BeGX) entwickelt. Das neue Branchenmonitoring-Instrument stellen beide am 6. Oktober 2022 ab 14.15 Uhr im Rahmen einer gemeinsamen Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Pflegetag vor.
Fundierte Basis für Handlungsempfehlungen
Wie steht es um Gesundheit und Arbeitssituation der Beschäftigten in der Pflege und wie wirken sich be- und entlastende Einflüsse darauf aus? Das soll der neue Index erfassen und vergleichbar machen. „Wir haben mit dem BeGX ein Instrument für ein Branchenmonitoring entwickelt, das erstmalig die Berufsgesundheit der Pflegenden ganzheitlich in den Blick nimmt“, sagt BGW-Hauptgeschäftsführer Jörg Schudmann. „Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bekommen damit eine fundierte Datenbasis an die Hand und können konkrete Handlungsempfehlungen ableiten“, ergänzt Brigitte Gross, Direktorin der DRV Bund. BGW und DRV Bund werden in Zukunft jährlich einen Bericht zum BeGX Pflege veröffentlichen, der die Entwicklung dokumentiert. Claudia Moll, die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung begrüßt dies sehr: „Endlich haben wir ein fortlaufendes Monitoring für Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Image der Pflegebranche. Solche Daten können der Politik dabei helfen, zukunftsweisende Entscheidungen zum Wohle der Mitarbeitenden und damit letztlich auch der zu versorgenden Menschen zu treffen.“
Grundlage der Berechnung sind Daten aus vier Bereichen, die sich positiv oder negativ auf die Berufsgesundheit auswirken können:
- Ressourcen
(zum Beispiel Weiterbildung und Einkommenszufriedenheit) - Arbeitsbedingungen
(zum Beispiel Überstunden und wechselnde Arbeitszeiten) - Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
(zum Beispiel Krankheitstage, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Risiken der Erwerbsminderung) - Berufsansehen/Medien-Meinungsklima
(Anerkennung und Wertschätzung in der Öffentlichkeit)
Berechnet wird der BeGX getrennt für die Bereiche Alten- und Krankenpflege von DIW Econ, einem Unternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Als Ausgangspunkt gilt jeweils der Wert für das Jahr 2013, der mit 100 festgelegt wurde. Ein Anstieg des Indexwertes steht für eine Verbesserung der Berufsgesundheit. Der aktuelle Bericht reicht bis zum Jahr 2020. Ihm liegen Daten der gesetzlichen Kranken- sowie Unfallversicherung, der DRV, des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), von Media Tenor International und des Panels der Pflegekammer Rheinland-Pfalz zugrunde.
Coronapandemie stoppt positive Entwicklung
Von 2017 bis 2019 entwickelte sich der BeGX positiv im Vergleich zum Ausgangsjahr 2013: Der Index-Wert für die Altenpflege lag im letzten Jahr vor der Covid-19-Pandemie bei 109, für die Krankenpflege bei 107. Es zeigten sich deutliche Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen und beim Medienklima, in der Krankenpflege nahm auch der Wert für Ressourcen leicht zu. Im Langzeittrend seit 2013 hat die Zufriedenheit mit dem Einkommen in der Altenpflege um 15 Prozent zugenommen, in der Krankenpflege immerhin um sechs Prozent.
Im Jahr 2020 hat sich die Berufsgesundheit der Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege im Zuge der Pandemie deutlich verschlechtert. Der Index sank in der Altenpflege auf 96, in der Krankenpflege auf 98. Geradezu abgestürzt ist 2020 der Wert für „Arbeits- und Erwerbsfähigkeit“: von 97 auf 70 in der Altenpflege und von 97 auf 58 in der Krankenpflege. Das liegt vor allem daran, dass aufgrund der Coronapandemie deutlich öfter der Verdacht auf eine Berufskrankheit gemeldet wurde. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage stieg in 2020 in der Krankenpflege nur leicht an, in der Altenpflege erhöhte sie sich im Vergleich zum Vorjahr nicht.
Unterschiedliche Trends in 2020 beim Meinungsklima
Im Bereich „Berufsansehen/Medien-Meinungsklima“ gab es 2020 unterschiedliche Trends bei Alten- und Krankenpflege: Besonders stark im Fokus der Öffentlichkeit stand die Krankenpflege. Medien berichteten überwiegend positiv und anerkennend über die Arbeit auf den Intensivstationen. In der Altenpflege hingegen wirkte sich die Berichterstattung über erhöhte Sterberaten durch Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen, über Besuchssperren und verzweifelte Angehörige negativ aus.
Einige belastende Faktoren haben sich 2020 positiv entwickelt: Weniger Pflegekräfte machen sich Sorgen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, und es gab immer weniger befristete Arbeitsverhältnisse. Beides zeigt, dass sich die Verhandlungsposition der Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt verbessert – was wohl eine Folge des sich verschärfenden Fachkräftemangels in der Pflege ist. Dieser führt zu einer höheren Arbeitsverdichtung, die wiederum die Pflegequalität und die Zufriedenheit im Beruf negativ beeinträchtigt.
Mehr Informationen und ergänzender Bericht
- Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Pflegetag am 06. Oktober um 14.15 Uhr, CityCube Berlin, Saal A6/A7
- Der ausführliche Bericht zum Berufsgesundheits-Index sowie der ergänzende BGW-Bericht „Pandemie trifft auf Fachkräftemangel: Überlastung verstärkt Ausstiegstendenz. Auswirkungen der Coronapandemie auf die Berufsgesundheit in der Pflege“ können unter Publikationen eingesehen werden.