Deutsche Rentenversicherung

BeGX: Berufsgesundheits-Index Pflege durch Covid-19-Pandemie erneut auf Tiefstand

Datum: 24.10.2024

Der von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ermittelte Berufsgesundheits-Index (BeGX) Alten- und Krankenpflege sinkt zum dritten Mal in Folge. Mit einem Wert von 90 in der Altenpflege und 77 in der Krankenpflege erreicht er für 2022 den niedrigsten Wert seit dem Basisjahr 2013. Eine zentrale Rolle spielen dabei Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.

Grafik zur Entwicklung der Alten- und Krankenpflege von 2013 bis 2022Quelle:bgw-online Berufsgesundheits-Index (BeGX)

Der wissenschaftlich berechnete BeGX ist der einzige sozioökonomische Index zur Berufsgesundheit der Alten- und Krankenpflegekräfte in Deutschland. Er berücksichtigt vier Dimensionen der Berufsgesundheit: Ressourcen, Arbeitsbedingungen, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit und Medien-Meinungsklima. Berücksichtigt sind die aktuellsten Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) sowie Daten von BGW, DRV Bund, AOK, DGUV und Media Tenor.

Im Vergleich zu 2021 sinkt der Berufsgesundheits-Index für 2022 in der Altenpflege um 4 Punkte von 94 auf 90 Punkte, in der Krankenpflege um 11 Punkte von 88 auf 77 Punkte. In der Krankenpflege betrifft der Rückgang alle vier berücksichtigten Dimensionen. In der Altenpflege zeigt sich lediglich in der Dimension „Medien-Meinungsklima“ eine Verbesserung.

Mehr Arbeitsunfähigkeitstage und viele Verdachtsmeldungen auf Berufskrankheiten

Am stärksten gehen die Werte in beiden Berufsfeldern in der Dimension „Arbeits- und Erwerbsfähigkeit“ zurück: in der Altenpflege um 23 Punkte von 48 auf 25 Punkte gegenüber 2021, in der Krankenpflege um 17 Punkte von 24 auf 7 Punkte. Berücksichtigt sind hier die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage der in der Pflege Beschäftigten (AOK) sowie deren relatives Risiko für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (BGW/DGUV) sowie für die Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente (Deutsche Rentenversicherung Bund) im Vergleich zum berufsgruppenübergreifenden Risiko.

In allen drei Bereichen hat sich das Bild für die Alten- wie auch für die Krankenpflege verschlechtert. Deutlich sichtbar ist dabei der Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage von 26 auf 32 Tage. Hier zählt die Pflege zu den Berufsgruppen mit den höchsten Ausfallzeiten, der Durchschnittswert aller Berufsgruppen beträgt 15 Tage.

Der zweite wesentliche Faktor ist die 2022 nochmals erheblich gestiegene Zahl der Verdachtsanzeigen auf Covid-19 als Berufskrankheit. „2022 war das Jahr mit den mit Abstand höchsten Meldezahlen. Nie zuvor in ihrer Geschichte ist der BGW häufiger der Verdacht auf eine Infektionskrankheit als Berufskrankheit angezeigt worden“, berichtet Jörg Schudmann, Hauptgeschäftsführer der BGW. „Nicht in allen Fällen hat sich der Verdacht auf eine berufsbedingte Erkrankung an Covid-19 auch bestätigt und die meisten erkrankten Versicherten hatten zum Glück einen eher milden Verlauf. Tausende aber waren und sind zum Teil immer noch langfristig erkrankt. Rund 4.500 Betroffene haben wir in unser Reha-Management aufgenommen. Sie brauchen eine intensive Begleitung und Unterstützung, um den Weg zurück in den Beruf und das soziale Leben zu finden.“

Anders als die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage und der Verdachtsanzeigen auf Berufskrankheiten hat sich das Risiko der Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente nur gering erhöht. „Wir haben es trotz der hohen Risiken dieser Berufsgruppen in der Pandemie geschafft, die Erwerbsfähigkeit weitgehend zu erhalten. Das spricht wieder einmal für die gesellschaftliche Relevanz unserer Präventions- und Rehabilitationsleistungen“, konstatiert Brigitte Gross, Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Punktwerte für Ressourcen ebenfalls zurückgegangen

Ressourcen sind Faktoren, die Pflegekräften helfen, mit den täglichen Herausforderungen umzugehen. Dazu gehört die Zufriedenheit mit der Arbeit. Sie hat in der Krankenpflege von 108 auf 97 Punkte abgenommen, in der Altenpflege von 99 auf 92 Punkte. Auch die Weiterbildung hat gelitten: In der Altenpflege sinkt der Wert von 88 auf 81 Punkte, in der Krankenpflege von 100 auf 71 Punkte. Männliche Pflegekräfte sind im Allgemeinen zufriedener mit ihrer Arbeit als weibliche Pflegekräfte. Dagegen bleibt die Einkommenszufriedenheit bei den Beschäftigten in der Altenpflege mit 114 Punkten auf einem hohen Niveau. In der Krankenpflege sank sie zwar von 115 auf 101 Punkte, liegt damit aber noch über dem Ausgangswert von 2013. „Bei der Einkommenszufriedenheit sieht man die Früchte der politischen Anstrengungen der letzten Jahre“, so Co-Autor Dr. Matthias Vollbracht von Media Tenor.

Arbeitsbedingungen zeigen gemischtes Bild

Die Sorge um den Arbeitsplatz ist nach wie vor gering und rund 40 (Altenpflege) beziehungsweise 60 (Krankenpflege) Punkte über dem Wert von 2013. Das Bild bei den vom Arbeitgeber angeordneten Wechselarbeitszeiten ist stabil (Krankenhaus) oder hat sich leicht verbessert (Altenpflege). Eine Verschlechterung ist indes bei den Überstunden erkennbar, und mehr Pflegekräfte berichten über einen befristeten Arbeitsvertrag.

Insgesamt sinkt der Teilindex Arbeitsbedingungen von 126 auf 123 Punkte in der Altenpflege und von 119 auf 112 Punkte in der Krankenpflege. Möglicherweise spiegeln sich hier die schwierigeren ökonomischen Rahmenbedingungen vieler Pflegebetriebe wider. „Dennoch zeigt der aktuelle Indexwert, dass die Alten- und Krankenpflege angesichts anderer volkswirtschaftlicher Dynamiken weiterhin gute Beschäftigungschancen bietet“, so Co-Autor Dr. Stefan Gorgels von DIW Econ.

Medien-Meinungsklima unterscheidet sich

Die Beschäftigten in der Pflege geben in Umfragen immer wieder an, wie wichtig ihnen gesellschaftliche Anerkennung ist. Das Medien-Meinungsklima in TV- und Radionachrichten, BILD-Zeitung und ausgewählten Wochenmedien zum Berufsfeld wird hier als Indikator herangezogen. Je nach aktuellem Schwerpunktthema schwankt das Medien-Meinungsklima im Langzeittrend deutlich.

Zu Beginn der Covid-19-Pandemie bekam die Krankenpflege viel Zuspruch in den Medien, der Indexwert stieg im Jahr 2020 mit 120 Punkten auf den höchsten gemessenen Wert, viele Fernsehberichte hoben die besonderen Leistungen der Krankenpflege hervor. Bei der Altenpflege war das Nachrichtenbild stärker von Pandemieausbrüchen in den Einrichtungen und den Beschwernissen der Zugangsrestriktionen geprägt.

Das hat sich bis zum Jahr 2022 geändert: Die positive Berichterstattung über die Krankenpflege hat stark nachgelassen, zuletzt lag der Indexwert bei 97. In der Altenpflege ist das Meinungsklima positiver geworden (118 Punkte), nicht zuletzt durch Berichte über Lohnsteigerungen.

Präsentation bereits verfügbar – Gesamtbericht folgt

Eine Präsentation zu den Kerndaten des jüngsten BeGX steht auf www.bgw-online.de/begx zum Download bereit. Der vollständige Bericht als Broschüre wird dort Anfang 2025 veröffentlicht.

Über die BGW

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ist die gesetzliche Unfallversicherung für nicht staatliche Einrichtungen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege. Sie ist für mehr als 9,3 Millionen Versicherte in über 657.000 Unternehmen zuständig. Die BGW unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe beim Arbeitsschutz und beim betrieblichen Gesundheitsschutz. Nach einem Arbeitsunfall oder Wegeunfall sowie bei einer Berufskrankheit gewährleistet sie optimale medizinische Behandlung sowie angemessene Entschädigung und sorgt dafür, dass ihre Versicherten wieder am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Über die Deutsche Rentenversicherung Bund

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ist der größte von 16 Trägern der deutschen Rentenversicherung mit Hauptsitz in Berlin und Standorten in Brandenburg an der Havel, Gera, Stralsund und Würzburg. Sie betreut rund 24 Millionen Versicherte sowie etwa 11 Millionen Rentnerinnen und Rentner. Außerdem ist sie Ansprechpartner für Arbeitgeber bei Fragen zu Prävention, Reha, Rente und Versicherung. Zudem nimmt sie die Grundsatz- und Querschnittsaufgaben für alle Rentenversicherungsträger wahr, etwa in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Statistik, Recht und Finanzen. Die DRV Bund zahlt Renten an Versicherte und Hinterbliebene in das In- und Ausland, finanziert Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen und beteiligt sich am Krankenversicherungsschutz der Rentnerinnen und Rentner.