Gesund sein – gesund bleiben
Wer diesen Artikel liest, braucht Mut. Mut zur Ehrlichkeit und Mut zur Selbstreflexion. Wer sich vor sich selbst fürchtet, sollte hier aufhören zu lesen und lieber ein leichtes Videogame zur Hand nehmen. Wer aber mutig ist und weiterliest, kann an Leib und Seele vielleicht von diesem Artikel profitieren.
Das Leben ist wertvoll und das Leben ist schön – nicht immer, aber gerade deshalb gibt es ja auch die schönen und glücklichen Momente. Eine gute Gesundheit hilft uns dabei, das Leben zu genießen und unseren täglichen Aktivitäten nachzugehen. Doch was bedeutet es, gesund zu sein, und wie können wir diesen Zustand bewahren? Schauen wir uns zunächst den Lebensweg eines Menschen an.
Unser Lebensweg
Unser Lebensweg umfasst verschiedene Etappen. Zunächst erleben wir die Kindheit: Diese Phase umfasst die frühen Jahre, in denen wir grundlegende Fähigkeiten und Werte erlernen. Danach kommt die Jugend, die durch eine Zeit des Wachstums, der zunehmenden körperlichen Leistungsfähigkeit und der Selbstfindung gekennzeichnet ist, oft geprägt von schulischen und sozialen Erfahrungen. Als junger Mensch folgt der Übergang ins Erwachsenenalter, häufig verbunden mit Ausbildung, Berufseinstieg und der Suche nach Unabhängigkeit. Das mittlere Erwachsenenalter kann berufliche Etablierung, Familiengründung und persönliche Weiterentwicklung umfassen. Das späte Erwachsenenalter ist oft die Zeit des Ruhestands, mit nachlassenden geistigen und körperlichen Ressourcen und häufig auch motiviert bezüglich der Weitergabe von Wissen und Erfahrungen an jüngere Generationen. Im Alter stellt die weiter nachlassende Vitalität eine Herausforderung für uns alle dar, bietet aber auch die Möglichkeit zur Ruhe und Reflexion. Diese Etappen können individuell variieren und sind nicht immer klar voneinander abzugrenzen. Wenn wir Glück haben, durchlaufen wir alle unabänderlich diesen Lebensweg.
Was wollen wir wirklich?
Grundsätzlich wollen wir die körperliche, die geistige und die psychische Leistungsfähigkeit entsprechend unserer Lebensphase gut erhalten – aber wie können wir das erreichen? Wir sind hochintelligente Lebewesen (zumindest könnten wir das sein), aber unser Körper ist der eines Säugetieres. Wir können nicht sagen: „Ich bin intelligent, ich esse nicht“, denn dann würden wir verhungern. Das betrifft alle Körperfunktionen wie Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitsbedarf, ausreichende Bewegung, Ruhe- und Entspannungsphasen sowie die Akzeptanz des natürlichen Alterungsprozesses. Dabei wertet die Biologie nicht: Es gibt hier kein Gut oder Böse, es interessiert unseren Körper auch nicht, warum ich etwas tue oder nicht. Es gilt nur: Ich erfülle die Grundbedürfnisse oder nicht.
Einige einfache Regeln sind zu berücksichtigen:
- Viel hilft nicht viel, sondern das richtige Maß hilft viel.
- Nur Regelmäßigkeit hilft.
- Physikalische Grundsätze gelten auch für Menschen.
Hierzu als Beispiel die Haarpflege: Wenn ich mich nicht um die Haarpflege kümmere, werden die Haare verfetten, dann verfilzen sie und schlimmstenfalls ziehen zum Schluss Tiere ein. Es hilft auch nicht, die Haare dreißigmal hintereinander zu waschen und zu glauben, für die nächsten dreißig Tage bräuchte ich mich nicht mehr darum zu kümmern. Dann habe ich mich nur zunächst aufgrund von zu viel Haarpflege geschädigt und nach spätestens zwei Wochen sind die Haare verfettet, riechen schlecht und beginnen zu verfilzen, da die Regelmäßigkeit fehlt. Diese Grundsätze gelten für alle körperlichen Funktionen, auch für Geist und Seele.
Wie entscheiden wir?
Gesund zu sein und gesund zu bleiben, erfordert bewusste Entscheidungen und einen aktiven Lebensstil. Dabei stellt sich die Frage: Was will ich wirklich und wozu bin ich wirklich bereit? Noch einmal: Es gibt kein gut oder böse! Wenn ich mich entscheide, regelmäßig die Zähne zu putzen, dann entscheide ich mich für einen guten Mundgeruch und für gute Zähne. Wenn ich mich entscheide, die Zähne nicht zu putzen, will ich lieber aus dem Mund riechen und schneller schlechte Zähne bekommen.
Wir sind Menschen und Menschen sind nicht vollkommen. Menschen sind auch nicht gleich, weder in den körperlichen Maßen noch in der Biologie der Funktionen. Unser Körper liebt uns, lieben Sie auch Ihren Körper und akzeptieren Sie und respektieren Sie ihn. Niemand kann alles und nur für die Gesundheit zu leben, kann nicht das Lebensziel sein. Wir leben mit unseren sozialen und wirtschaftlichen Zwängen. Stärken Sie Ihre Stärken, schwächen Sie Ihre Schwächen. Tun Sie das, was Sie können, und was Sie nicht können, tun Sie so gut wie Sie es können. Kleine Verbesserungen im Lebensstil sind nicht klein, wenn wir sie in den Alltag regelmäßig einbauen; sie werden dadurch zu großen Verbesserungen. Unser Körper ist in nahezu jedem Bereich trainierbar, aber – ich wiederhole mich – nur Regelmäßigkeit hilft.
Um was geht es?
Beweglichkeit
Um unsere Beweglichkeit zu erhalten, benötigen wir eine regelmäßige Dehnung der Gelenke und Bänder. Dehnen Sie sich routinemäßig für zwei Minuten durch. Wenn Sie die Beweglichkeit verbessern wollen, dann bis zur leichten Schmerzgrenze, denn ohne Schmerz geht das nicht. Dehnungsreiz an Bandsystemen ist ein Schmerzreiz. Andersherum: Wer nicht bereit ist, sich regelmäßig zu dehnen, wird sich künftig zwangsläufig
schlechter bewegen können. Die Entscheidung, sich nicht regelmäßig dehnen zu wollen, ist auch die Entscheidung, zunehmende Einschränkungen in der Beweglichkeit in Kauf zu nehmen. Auch der Gleichgewichtssinn lässt sich im Rahmen einer kleinen Dehnungsgymnastik hervorragend trainieren.
Kraft und Ausdauer
Damit unser Körper biologisch gut funktioniert, benötigt er rund 150 Minuten sportliche Aktivität pro Woche im Ausdauerbereich. Das ist das absolute Minimum, um hormonell und biologisch zu funktionieren. Einfache wertfreie Regel: Leisten wir das nicht, dann funktioniert unser Körper nicht. Mein Rat: Trainieren Sie regelmäßig Ihre Muskulatur altersgerecht unter Berücksichtigung ihrer aktuellen gesundheitlichen Einschränkungen im Ausdauerbereich, das heißt nicht erschöpfend. Das kann im Fitnessstudio sein, muss es aber nicht. Gehen Sie beispielsweise regelmäßig spazieren, arbeiten Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten im Garten oder gehen Sie einmal in der Woche schwimmen. Wichtig ist, dass es Ihnen auch etwas Freude macht, sonst halten wir solche Dinge nicht durch. Wenn Sie die Möglichkeit haben, diese Dinge mit jemandem gemeinsam zu tun, ist das hilfreich, denn zusammen sind wir stärker.
Geistige Mobilität
Auch der Geist ist wie der Körper trainierbar. Trainieren Sie ihn nicht, wird er verkümmern. Schauen Sie zum Beispiel regelmäßig die Nachrichten oder lesen Sie ein Buch. Auch Kreuzworträtsel oder Kombinationsspiele wie Sudoku helfen. Kleine Erinnerungsspiele oder selbstgestellte Rechenaufgaben trainieren unsere geistigen Fähigkeiten.
Psyche
Wir sind keine Maschinen. Wir haben einen Biorhythmus. So haben wir Aktivitätsphasen, benötigen aber auch Schlaf- und Entspannungsphasen. Schlaf ist entscheidend für die Regeneration des Körpers und des Geistes. Ein Mangel an Schlaf kann zu zahlreichen gesundheitlichen Problemen führen, darunter ein geschwächtes Immunsystem, Gewichtszunahme und eine erhöhte Anfälligkeit für Stress. Halten Sie, wenn möglich, einen regelmäßigen Schlafrhythmus ein, vermeiden Sie Koffein und elektronische Geräte vor dem Schlafengehen. Sorgen Sie für eine ruhige, dunkle und kühle Umgebung. Chronischer Stress kann erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Deshalb ist es wichtig, einige Entspannungstechniken zum Stressabbau zu beherrschen. Ideal ist natürlich die progressive Muskelentspannung, aber es geht auch einfach. So kann ein schönes Bad entspannend sein, ein kurzer Spaziergang, das Hören des Lieblingssongs. Aber auch Aktivitäten, die Freude bereiten, und der Austausch mit Freundinnen und Freunden und der Familie sind wichtig für das emotionale Wohlbefinden.
Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung bildet die Grundlage für ein gesundes Leben. Sie versorgt unseren Körper mit den notwendigen Nährstoffen, die er braucht, um optimal zu funktionieren. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Ununterbrochen werden wir konfrontiert mit Ernährungstrends, Glaubensfragen und Marketingstrategien der Industrie. Kleine Tipps: Essen Sie eine breite Palette von Lebensmitteln, um sicherzustellen, dass Sie alle notwendigen Vitamine und Mineralien erhalten. Eine Extremkost kann nicht gesund sein, sie beruht auf einer Glaubensfrage. Versuchen Sie, regelmäßig zu frühstücken, sonst verlieren Sie über Tag das Sättigungsempfinden. Essen Sie abends nicht zu spät und eher eine kleinere Mahlzeit, nicht zu fettreich. Salzen Sie nicht automatisch nach, bevor Sie nicht probiert haben, ob genug Salz in dem Essen ist, das Sie auf dem Teller haben.
Risikofaktoren
Risikofaktoren bedeuten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Krankheit zu erwerben, wenn gewisse physiologische oder anatomische Eigenschaften, genetische Prädispositionen oder Umweltkonstellationen vorliegen. Unbeeinflussbare Risikofaktoren sind beispielsweise das Alter, die Anatomie oder die Gene. Es gibt aber auch viele Risikofaktoren, die Sie beeinflussen können, beispielsweise der Umgang mit Alltagsdrogen, Arbeitsschutz, berufsbedingte Bewegungsarmut, Begleiterkrankungen wie Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Zuckerkrankheit.
Was kann ich tun?
Auf eine vernünftige Ernährung achten mit regelmäßiger Gewichtskontrolle, ausreichende Bewegung in den Alltag einbauen, Begleiterkrankungen vernünftig behandeln, auf Arbeitsschutz achten, einen vernünftigen Umgang mit Alltagsdrogen anstreben, für ausreichende Schlaf- und Entspannungsphasen sorgen und Vorsorgeuntersuchungen und sinnvolle Impfungen durchführen lassen. Schon wieder: Das sind Entscheidungen, die nur Sie selbst treffen können. Dafür ist nicht die Gesellschaft verantwortlich. Niemand kann alles: Wenn Sie das Rauchen nicht aufgeben wollen, dann können Sie aber trotzdem auf ausreichende Bewegung achten und Ihren Blutdruck kontrollieren.
Was ist wirklich wichtig?
Das Leben ist schön. Pflegen Sie sich aktiv, akzeptieren Sie Ihren Lebensweg und die Unabänderlichkeiten, die Sie nicht verändern können. Bleiben Sie glücklich und freuen Sie sich über und an Ihrem Leben. Denken Sie daran, dass kleine, kontinuierliche Veränderungen oft die größten positiven Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können.
Dr. Hans-Peter Filz, Eleonoren-Klinik
Zur Person
Dr. Hans-Peter Filz ist seit 2006 für die Deutsche Rentenversicherung in der Eleonoren-Klinik als Chefarzt der Abteilung für die Innere Medizin tätig. Zum 1. April 2025 beendet er sein Berufsleben nach äußerst engagiertem Einsatz für die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden sowie die Beschäftigten der Reha-Klinik in Lindenfels-Winterkasten. In dieser Zeit ist es ihm gelungen, die Klinik mit Hilfe des gesamten Teams kontinuierlich konzeptionell weiterzuentwickeln und an die Gegebenheiten der Zeit anzupassen. So hat die Klinik eine deutschlandweit anerkannte Vollkompetenz in der Erwachsenendiabetologie und Adipositas-Therapie. Auch das Präventionsprogramm RV Fit konnte sehr erfolgreich etabliert werden.