Gelungene Premiere: Gleich mit ihrer ersten Auflage hat die „Münster|||Konferenz“ der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen Maßstäbe gesetzt. Vor vollem Haus bewerteten Spitzenvertreter der bundesdeutschen Arbeitgeber und Gewerkschaften, Wissenschaftler und Bundespolitiker aus ihrer Sicht den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und ihre Pläne in Sachen Rente und Altersvorsorge. Und das am Ende der ersten 100 Tagen des Bestehens der neuerlichen Auflage der Großen Koalition. Einen passenderen Zeitpunkt für diese Analyse konnte die Münster|||Konferenz kaum gewählt haben, die unter der Leitung und Moderation des Ersten Direktors der DRV Westfalen, Thomas Keck, stand.
Ziel der Veranstaltung war neben der Bewertung auch die Impulsgebung für eine starke Zukunft der Alterssicherung mit der gesetzlichen Rentenversicherung als tragende Säule.
Die Bandbreite der Impuls-Redner und Diskutanten auf dem Podium spiegelte sich dann in der politischen wie auch fachlichen Bewertung wie auch in verschiedenen Forderungen wider.
So unterstrich in einem Vortrag beispielsweise der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitsgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, die Forderung nach einem Moratorium – also nach einem Aussetzen – weiterer Beschlüsse zu Leistungsveränderungen in der Rentenversicherung. Erst sollten die Ergebnisse der von der Bundesregierung eingesetzten Rentenkommission im März 2020 abgewartet werden. Auch wertete er das Ziel der „doppelten Haltelinien“ kritisch.
Mit fünf Thesen rief dagegen der zweite Redner zu einem grundlegenden Wechsel in der Sozial- und Rentenpolitik der vergangenen Jahre auf. Dr. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall Deutschland, forderte unter anderem die Ausweitung des versicherten Personenkreises hin zu einer Erwerbstätigenversicherung, einen höheren Bundeszuschuss aus Steuermitteln sowie die Anhebung des Beitragssatz.
Das Einbringen von Datenlage, Analyse und Empfehlungen der Wissenschaft oblag Prof. Dr. Heinz-Dittrich Steinmeyer. Der renommierte Sozialrechtler aus Münster baute in seinen Vortrag zudem die Kernaussagen von Prof. Dr. Ralf Kreikebohm ein, der kurzfristig verhindert war. Steinmeyer machte in seinem Beitrag Bedenken geltend vor der Vermischung von Versicherung und Fürsorgeleistung bei der geplanten Grundrente.
Der Vorsitzende der Rentenkommission, Karl Schiewerling, nahm zu einzelnen Vorschlägen und Bedenken aus der Runde keine direkte Stellung. Er verwies derweil darauf, dass Rentenpolitik sich nie „im luftleeren Raum abspielen sollte“, sondern immer eingebettet sein sollte in die Gesellschafts- wie auch Wirtschaftspolitik. Auch warnte er vor Denkverboten in der Weiterentwicklung von Alterssicherung und Rente: „Wenn wir an allen Stellschrauben einen Zettel hängen `Hier nicht dran drehen´, dann kommen wir nicht weiter.“
Der Altersvorsorge-Experte der SPD-Bundestagsfraktion, Ralf Kapschack, rief dazu auf, ein zentrales Versprechen des Sozialstaats ernst zu nehmen: eine ausreichende Absicherung im Alter. Der rentenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Markus Kurth, MdB, warnte indes davor, das Renteneintrittsalter immer weiter nach hinten zu verschieben: „Den Versicherten darf man keine Nutztier-Funktion zuschreiben, `dann arbeite mal einfach länger´“. Generell abgelehnt hat dies auch der Rentenexperte der Bundestagsfraktion Die Linke, Matthias Birkwald, MdB. Mehr noch: „Schon die Einführung der Rente mit 67 war eine Fehlentscheidung“, urteilte er.
Ganz anders, nämlich ausschließlich sehr positiv, fiel das einmütige Urteil von Akteuren und Publikum über diese Premiere der Münster|||Konferenz aus. Anlass genug für den Vorsitzenden der Vertreterversammlung, Ernst-Peter Brasse, in seinem Schlusswort schon zur nächsten Münster|||Konferenz einzuladen. Im Juni des kommenden Jahres soll sich die Münster|||Konferenz 2019 mit den Herausforderungen für die Rentenversicherung und Altersvorsorge durch die Digitalisierung und „Arbeit 4.0“ befassen.