Quelle:Deutsche Rentenversicherung Westfalen
Vertrauen, Mut, Qualifizierung. Es waren diese drei Begriffe, die die Münster Konferenz 2019 prägten. Drei Begriffe, die die Antwort auf den digitalen Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und sozialer Sicherung unseres Landes beschreiben. Die zweite Auflage der Münster ||| Konferenz ging der Frage nach, welche Auswirkungen die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt auf die sozialen Sicherungssysteme und speziell auf die Altersvorsorge haben wird. Denn die Rente folgt bekanntlich der Arbeit. Verändert sich die Arbeitswelt durch die Digitalisierung, wird das auch Auswirkungen auf die Alterssicherung haben.
Mit diesem Thema hatte die Münster ||| Konferenz offenbar einen Nerv getroffen. Denn Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Volker Verch konnte rund 120 Teilnehmer und hochkarätige Gäste aus der Bundespolitik und aus der Wissenschaft sowie viele Entscheider aus den Institutionen der sozialen Sicherungssysteme aus Deutschland sowie auch aus Österreich begrüßen. Verch selbst setzte den ersten Impuls zum Nachdenken: „Unser Rentensystem basiert auf den Strukturen der ersten industriellen Revolution. Das war vorgestern – aber was kommt morgen und übermorgen?“
Dieses Morgen findet bereits im Partnerland dieser Konferenz statt: Estland. Die Leiterin der estnischen Wirtschaftsförderung, Riina Leminsky, stellte das digitale Musterland und dessen konsequenten Weg vor. 99 Prozent der Verwaltungsleistungen wickeln die Bürger bereits digital ab: „Außer Heirat, Scheidung und Hauskauf kann man bei uns alles digital erledigen“. Leminsky konnte in Sachen Umbruch der Arbeitswelt beruhigen: „Wir sind zwar eine digitale Gesellschaft. Aber wer arbeiten möchte, hat auch bei uns immer Arbeit – man muss sich nur etwas umstellen!“ Zentrale Voraussetzung sei das Vertrauen der Bürger in die Digitalisierung. Und eines empfahl sie gerade der deutschen Mentalität: Mehr Mut zur Veränderung, wozu sie im Gespräch dem Ersten Direktor Thomas Keck und Moderatorin Karin Niemeyer aufrief. Ein Ball, den Keck aufnahm. Er wünschte sich einen Mentalitätswandel beim Anpacken von Zukunftsthemen: „Wir vergleichen zu stark mit dem Blick zurück. Aber man muss auch mal vergessen lernen, um etwas Neues aufzusetzen.“
Wie sich die neuen Arbeitswelten für die Beschäftigten ändern werden, das stellten in ihren Fachbeiträgen Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaften (ifaa) sowie Oliver Suchy, Projektleiter „Arbeit der Zukunft“ beim Deutschen Gewerkschaftsbund vor. Stowasser prognostizierte, dass sich durch die neue Technik 75 Prozent der Arbeitssysteme verändern werden. „Was aber nicht heißt, dass damit auch alle Arbeitsplätze entfallen!“ betonte der Wissenschaftler. Die Antwort auf den Wandel müsse die Qualifizierung sein, worin ihn auch Oliver Suchy bestätigte. Er forderte, die Arbeitgeber mehr in die Pflicht zu nehmen. Suchy macht überdies die Notwendigkeit deutlich, klare Definitionen für das Verhältnis „Mensch : Maschine“ zugeben.
Aus der Praxis der neuen Job-Welt berichtete Dr. Sebastian Köffer, Leiter von „münsterLand.digital“, einer Einrichtung, die Startup-Unternehmen unterstützt: Die digitale Arbeitswelt verlange vom Menschen lebenslanges Lernen und die Bereitschaft, auch immer wieder neue Berufe und Arbeitsformen auszuüben. Genau da gilt es für den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Ralf Kreikebohm sozialrechtlich noch aufzuholen: Die klassische Einteilung von selbstständiger und abhängiger Beschäftigung müsse differenzierter werden. Auch regte er Absicherungsformen wie die Handwerkerpflichtversicherung für Startups an.
Quelle:Deutsche Rentenversicherung Westfalen
Die berufliche Qualifizierung als Schlüssel für sichere Jobs und in Folge auch für die soziale Absicherung im Alter hob Dr. Rolf Schmachtenberg hervor. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales präsentierte in seinem Beitrag ausführlich die Maßnahmen, wie die Bundesregierung diese Herausforderung meistern will. Womit dann auch die prominenten Bundespolitiker am Zuge waren: Beispielsweise Hermann Gröhe (CDU), der mehr Mut und Optimismus einforderte, „dass das Zukunftslied der Digitalisierung in Deutschland nicht permanent in Moll gesungen wird.“ Für ihn wie auch für seine Kollegin Katja Mast (SPD) ist die Qualifikation der Beschäftigten eine der Kernaufgaben. Mast rief dazu auf, die Digitalisierung proaktiv zu gestalten. Als einen ersten wichtigen Schritt nannte sie die Aufnahme der Selbstständigen in die Rentenversicherung. Auch FDP-Mann Johannes Vogel sprach sich für die Nationale Weiterbildungsstrategie aus. Er verlangte zudem eine Weiterentwicklung der Sozialsysteme, um auch „Zick-Zack-Lebensläufe“ in den Erwerbsmodellen sozial besser absichern zu können. Matthias W. Birkwald (Die Linke) brachte sowohl eine solidarische Mindestrente als auch die Erwerbstätigenversicherung in die Diskussion ein.
Insgesamt eine sehr muntere Debatte also – ganz nach dem Geschmack des Vorsitzenden der Vertreterversammlung, Karl Schiewerling. Er lud in seinem Schlusswort bereits zur Münster ||| Konferenz 2020 ein.