Deutsche Rentenversicherung

Rundschreiben 2/2018

an alle antragaufnehmenden Stellen
- nachrichtlich auch an Krankenkassen und andere Stellen

A) RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz

1. Allgemeines
Das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-LVStG; BGBl. I vom 28.11.2018, S. 2016) enthält im Wesentlichen folgende Regelungskomplexe:

  • Sicherung des Rentenniveaus und Stabilisierung des Rentenbeitrages,
  • verbesserte Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder (sog. „Mütterrente II“),
  • Zuordnung der Kindererziehungszeiten bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen,
  • erneute Verlängerung der Zurechnungszeit,
  • Entlastung von Geringverdienern (Übergangsbereich),
  • neue Aufhebungsvorschrift für Fälle des rückwirkenden Zusammentreffens mehrerer Rentenansprüche,
  • Anerkennung verfolgungsbedingter Unterbrechungen der Kindererziehung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG).

Das Gesetz tritt mit Ausnahmen am 01.01.2019 in Kraft.

Ausnahmen:

  • Die Ergänzung zu § 89 SGB VI ist am Tag nach der Verkündung am 05.12.2018 in Kraft getreten.
  • Die Regelungen zum Übergangsbereich und die Folgeänderungen im Rahmen des Beitragsverfahrens treten am 01.07.2019 in Kraft (vgl. Ausführungen zu Ziff. 7).

2. Erneute Verlängerung der Zurechnungszeit (§§ 59, 253a SGB VI)
Das Ende der Zurechnungszeit wird für Renten wegen Erwerbsminderung bis zum 67. Lebensjahr verlängert (§ 59 Abs. 1 SGB VI). Entsprechendes gilt für Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten.

Die geänderte Übergangsregelung zu § 253a SGB VI ist hierbei zu beachten.

Bei Rentenbeginn bzw. bei Tod der Versicherten im Jahr 2018 gilt die Rechtslage des Jahres 2018 und danach endet die Zurechnungszeit mit 62 Jahren und drei Monaten. Für das Jahr 2019 wird das Ende der Zurechnungszeit in einem Schritt auf das Alter von 65 Jahren und acht Monaten erhöht. Anschließend wird das Ende der Zurechnungszeit schrittweise im gleichen Zeitraum wie die Anhebung der Regelaltersgrenze (§ 235 SGB VI) auf das vollendete 67. Lebensjahr verlängert:

Bei Beginn der Rente oder bei Tod der Versicherten im JahrAnhebung der Zurechnungszeit ab 2020 schrittweise um Monateauf: Jahreund Monate
2018 (§ 253 a Abs. 1 SGB VI)-623
2019 (§ 253 a Abs. 2 SGB VI)-65

8

20201659
202126510
202236511
20234660
20245661
20256662
20267664
20278664
202810666
202912668
2030146610

Ergibt sich aus der Antragstellung ein Rentenbeginn vor dem 01.01.2019, ist ein Hinausschieben auf den Zeitpunkt ab dem 01.01.2019 unzulässig. Ein späterer Rentenbeginn kann sich hier allenfalls durch eine spätere Antragstellung ergeben, sofern das Gestaltungsrecht nicht eingeschränkt ist.

Bei einer Weitergewährung einer befristeten Rente (§ 102 SGB VI) sind die Regelungen der §§ 99, 268 SGB VI nicht erneut anzuwenden. Die Rente ist ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der erneuten Antragstellung im unmittelbaren Anschluss (ggf. unter Beachtung der Verjährung nach § 45 SGB I) an die bisher befristete Rente weiter zu leisten. Im Rahmen der Weiterzahlung verbleibt es bei der für die Rente bislang maßgeblichen Rechtsanwendung. Dies folgt aus dem Umstand, dass bei der Weitergewährung einer befristeten Rente der ursprüngliche Rentenbeginn weiterhin maßgeblich bleibt (§ 102 Abs. 2 S. 3 und 6 SGB VI).

Mit der Neuregelung des § 59 Abs. 3 SGB VI wird sichergestellt, dass in Fällen, in denen eine Hinterbliebenenrente einer (vorgezogenen) Altersrente folgt, eine Zurechnungszeit bei der Hinterbliebenenrente nicht berücksichtigt wird. Dies gilt auch, wenn die Altersrente vor dem Monat des Todes weggefallen ist. Weiterhin kommt jedoch auch bei Hinterbliebenenrenten die bei der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit schon berücksichtigte Zurechnungszeit, die in die Berechnung der Altersrente nachfolgend eingeflossen ist, den Hinterblie-benen zugute.

Auch die Neuregelung des § 253a Abs. 5 SGB VI entspricht dem Regelungsziel der in § 59 Abs. 3 SGB VI getroffenen Neuregelung für die Fälle, in denen auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Hinterbliebenenrente folgt. Auch in diesen Folgerenten ist die Zurechnungszeit nur insoweit zu berücksichtigen, wie diese in der vorangegangen Rente angerechnet wurde.

3. Ausweitung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder – sog. „Mütterrente II“ (§§ 249, 295, 295a, 307d SGB VI)
3.1 Allgemeines
Mit dem RV-LVStG wird die rentenrechtliche Anerkennung der Erziehungsleistung von Müttern und Vätern, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, weiter verbessert (sog. „Mütterrente II“). Im RV-LVStG wird

  • für Mütter und Väter, die ab dem 01.01.2019 in Rente gehen, die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate verlängert und
  • Müttern und Vätern, die am 31.12.2018 schon einen Rentenanspruch haben, zusätzlich ein Zuschlag in Höhe von einem halben Entgeltpunkt für jedes Kind gewährt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Die weiterhin bestehende Differenzierung bei den Kindererziehungszeiten zwischen vor und ab 1992 geborenen Kindern ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Für Bestandsrentner wird wie im Jahr 2014 die Zahlung des Zuschlags im Rahmen einer gesonderten Verarbeitung seitens der Rentenversicherungsträger erfolgen (siehe Ziff. 3.2).

Auf Grund der Vielzahl von betroffenen Renten bedarf es einer schrittweisen Abarbeitung. Die Reform wird bundesweit im Laufe der ersten Jahreshälfte 2019 umgesetzt.

Bedingt durch den zeitlichen Ablauf zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben werden für die im Rentenzahlbestand geführten Berechtigten Nachzahlungen/Einmalzahlungen rückwirkend zum 01.01.2019 anfallen (vgl. hierzu auch Ziff. 3.5).

Darüber hinaus erhalten ab dem 01.01.2019 auf Antrag auch diejenigen einen Zuschlag, die im Jahr 2014 keinen Zuschlag erhalten haben (keine Kindererzie-hungszeit im 12. Kalendermonat), aber die genannten Voraussetzungen des § 307d Abs. 5 SGB VI erfüllen (siehe Ziff. 3.2.4).

Für Neurenten kann die Umsetzung der Regelungen zur Ausweitung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder (siehe hierzu Ziff. 3.3) termingerecht zum 01.01.2019 erfolgen.

Eine Bestandsausstattung für verlängerte Kindererziehungszeiten ist im zweiten Quartal 2019 geplant. Zu gegebener Zeit werden zeitnah weitere Informationen über den Ablauf bekannt gegeben.

3.2 Berücksichtigung bei Bestandsrentnern (§ 307d SGB VI)
3.2.1 Bestehender Rentenanspruch am 30.06.2014 mit KiBüZ
Bestand am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente, wird gemäß § 307d Abs. 1 S. 3 SGB VI ein Zuschlag von 0,5 persönlichen Entgeltpunkten für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn

  • in der Rente eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet oder wegen § 57 S. 2 SGB VI nicht angerechnet wurde und
  • kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a SGB VI besteht.

Durch die Anknüpfung an die Zuordnung des 24. Kalendermonats mit Kinderberücksichtigungszeit nach Ablauf des Monats der Geburt erfolgt eine Zuordnung, die den tatsächlichen Erziehungsverhältnissen im dritten Lebensjahr des Kindes, die im Nachhinein nicht immer verlässlich feststellbar sind, in den ganz überwiegenden Fällen entspricht. Zudem wird dadurch erreicht, dass diejenigen Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher, die am 30.06.2014 eine Rente bezogen, jedoch keinen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten erhalten haben, weil sie keine Kindererziehungszeit im 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt im Rentenversicherungskonto hatten, auch von der neuen Verbesserung profitieren können (z. B. Adoptiveltern).

3.2.2 Bestehender Rentenanspruch am 30.06.2014 ohne KiBüZ
Darüber hinaus kann ein Zuschlag nach § 307d Abs. 1 S. 4 SGB VI auch be-rücksichtigt werden, wenn

  • vor dem 01.01.1992 Anspruch auf eine Rente bestand, in der für dasselbe Kind bereits ein Zuschlag berücksichtigt wird und
  • für dasselbe Kind eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt für andere Versicherte oder Hinterbliebene nicht angerechnet wird.

Renten, die in der Zeit vom 01.01.1986 bis 31.12.1991 (vor Inkrafttreten des SGB VI) begannen und seitdem nicht neu berechnet wurden, enthalten in der Regel im Konto keine Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, weil die Kinderberücksichtigungszeit erst mit dem Inkrafttreten des SGB VI eingeführt wurde. Damit diese Versicherten auch einen Zuschlag erhalten können, wird der neue Zuschlag auch dann geleistet, wenn für dasselbe Kind bereits 2014 ein Zuschlag berücksichtigt wurde und eine Kinderberücksichtigungszeit für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt für andere Versicherte oder Hinterbliebene nicht angerechnet wird. Dieser Zuschlag wird aus Gründen der Vereinfachung des Verfahrens (keine Einzelfallprüfung) auch dann geleistet, wenn das Kind in der Zeit vom 13. bis 24. Kalendermonat verstorben ist.

Mit dieser gesetzlichen Regelung wird erreicht, dass die überwiegende Anzahl der Versicherten, für die vor Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 keine Berücksichtigungszeiten im Versicherungskonto gespeichert sind, auch von der gesetzlichen Neuregelung profitieren können.

3.2.3 Erstmaliger Rentenzugang in der Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2018
Ist der Anspruch auf Rente nach dem 30.06.2014 und vor dem 01.01.2019 entstanden, wird gemäß § 307d Abs. 1a SGB VI ab dem 01.01.2019 ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn

  • in der Rente eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde und
  • kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a SGB VI besteht.

Der neue Absatz 1a betrifft diejenigen Personen, die seit der Verlängerung der Kindererziehungszeit von einem auf zwei Jahre im Jahr 2014 einen Rentenanspruch erworben haben. Ihnen wurden bei der Rentenberechnung für die Kindererziehung zwei Jahre Kindererziehungszeit angerechnet. Mit der vorliegenden Gesetzesänderung erhalten Sie einen Zuschlag von 0,5 persönlichen Entgeltpunkten. Wie schon bei der Verlängerung der Kindererziehungszeit im Jahr 2014 erfolgt damit keine Neufeststellung der Renten.

Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten kommt demjenigen Elternteil zugute, dem der letzte Monat Kindererziehungszeit (dies ist der 24. Kalendermonat nach Ablauf des Geburtsmonats) zugeordnet wurde. Das Verfahren entspricht der Systematik und Vorgehensweise, das schon bei der Verlängerung der Kindererziehungszeit im Jahr 2014 gewählt wurde.

3.2.4 Zuschlag auf Antrag
Bestand am 31.12.2018 Anspruch auf eine Rente und werden Zuschläge nach § 307d Abs. 1 und Abs. 1a SGB VI nicht berücksichtigt, wird gemäß § 307d Abs. 5 SGB VI auf Antrag ab dem 01.01.2019 für jeden Kalendermonat der Erziehung ein Zuschlag in Höhe von 0,0833 persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt,

  • wenn nach dem 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt innerhalb des jeweils längstens anrechenbaren Zeitraums die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Kindererziehungszeit nach den §§ 56 und 249 vorlagen und
  • für dasselbe Kind keine Kindererziehungszeiten oder Zuschläge nach Abs. 1 oder nach Abs. 1a für andere Versicherte oder Hinterbliebene für den maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen sind.

Sind für das Kind bislang keine Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung anerkannt worden, wird der Zuschlag bei dem Elternteil berücksichtigt, der das Kind überwiegend erzogen hat. Liegt eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vor, erfolgt die Zuordnung zur Mutter.

Mit dem neuen Abs. 5 besteht die Möglichkeit, einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten auf Antrag zu erhalten. Mit diesem Antragsrecht wird für die Fälle Abhilfe geschaffen, die seit dem 01.07.2014 keinen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten wegen Kindererziehung bekommen oder mit der jetzigen Ausweitung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten keinen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten erhalten, weil pauschal auf die Erziehung in einem bestimmten Kalendermonat (Kindererziehung im 12. bzw. 24. Kalendermonat) abgestellt wird.

Der Zuschlag wird aber nur dann gewährt, wenn innerhalb des jeweils längstens anrechenbaren Zeitraums die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Kindererziehungszeit nach den §§ 56 und 249 SGB VI vorliegen und für dasselbe Kind keine Kindererziehungszeiten oder Zuschläge nach § 307d Abs. 1 oder Abs. 1a SGB VI für andere Versicherte oder Hinterbliebene für den maßgeblichen Zeitraum zu berücksichtigen sind. Die von den Absätzen 1 und 1a des § 307d SGB VI abweichende nur anteilige Berücksichtigung des Zuschlags rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass in den mit dem Antragsrecht erfassten Fällen eine nur zeitweise Erziehung nach den §§ 56 und 249 SGB VI der Regelfall ist. Dagegen erfolgt die volle Anrechnung des Zuschlags in den Fällen der Abs. 1 und 1a vor dem Hintergrund, dass im Regelfall die Erziehung i. S. der §§ 56 und 249 SGB VI auch im vollen folgenden Jahreszeitraum nach dem 12. bzw. 24. Kalendermonat nach der Geburt erfolgte.

Das neue Antragsrecht betrifft z. B. Adoptionen oder die Erziehung im Inland nach Rückkehr aus dem Ausland, wenn die Adoption bzw. der Wohnsitzwechsel erst nach dem 12. bzw. 24. Kalendermonat nach dem Monat der Geburt erfolgte. Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass nicht schon anderen Versicherten oder Hinterbliebenen für dasselbe Kind Kindererziehungszeiten oder Zuschläge anzurechnen sind. Bei Adoptionen ist jedoch das Ausforschungsverbot des § 1758 Abs. 1 BGB von Amts wegen zu beachten. Das bedeutet, dass jegliche Rückfragen, die die Adoption und ihre Umstände betreffen, unterbleiben müssen (vgl. hierzu auch GRA zu § 56 SGB VI, Ziff. R3.2).

3.3 Berücksichtigung bei erstmaligem Rentenzugang ab 01.01.2019 (§ 249 SGB VI)
3.3.1 Allgemeines
Für Mütter und Väter, die ab dem 01.01.2019 in Rente gehen, wird die Anrechnung der Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um sechs Kalendermonate verlängert (§ 249 Abs. 1 SGB VI).

Dabei bleibt die in der Vergangenheit erfolgte Zuordnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach Ablauf der bislang anrechenbaren Kindererziehungszeit grundsätzlich maßgebend für die Zuordnung. Ist die Berücksichtigungszeit ab dem 25. Kalendermonat nach der Geburt zwischen den Eltern aufgeteilt worden, bleibt diese Zuordnung für die weitere verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten bestimmend. Die Elternteile profitieren dann in dem Maße von dieser Verbesserung, in dem ihnen die Berücksichtigungszeiten zugeordnet wurden.

Wird bereits ein Zuschlag gemäß § 307d SGB VI an den Versicherten, einen anderen Versicherten oder Hinterbliebenen gezahlt, wird durch die Regelungen gem. § 249 Abs. 7 und 8 SGB VI sichergestellt, dass die Zeit der Kindererziehung für dasselbe Kind nur einmal honoriert wird und dies für jedes Kind insgesamt im gleichen Umfang.

3.3.2 Hinweispflichten bei erstmaliger Erfüllung der Wartezeit für die Regelaltersrente durch zusätzliche Kindererziehungszeiten gem. § 249 Abs. 1 SGB VI
3.3.2.1 Erreichen der Regelaltersgrenze ab dem 01.01.2019
Versicherte, die die Wartezeit für die Regelaltersrente zum 01.01.2019 erstmalig durch die zusätzlichen Kindererziehungszeiten gem. § 249 Abs. 1 SGB VI erfüllen und die Regelaltersgrenze bei bereits erfüllter Wartezeit erreichen, sind von dem bestehenden vollmaschinellen Hinweisverfahren gem. § 115 Abs. 6 SGB VI erfasst.

Die zusätzlichen Monate mit Kindererziehungszeiten werden voraussichtlich erst im Monat Mai 2019 in einem maschinellen Verfahren in den Versicherungskonten dokumentiert (sog. Bestandsausstattung, entsprechend dem Ver-fahren im Jahr 2014). Hinweisschreiben gem. § 115 Abs. 6 SGB VI werden im Monat vor dem Monat der Vollendung der Regelaltersgrenze maschinell versendet. Daher erhalten die Versicherten, die die Wartezeit zum 01.01.2019 erstmalig durch die zusätzlichen KEZ erfüllen und in dem Zeitraum von Januar bis Juni 2019 die Regelaltersgrenze erreichen, keinen maschinellen Hinweis auf die notwendige Antragstellung; werden Rentenanträge von diesen Versicherten erst ab dem 01.05.2019 (gem. § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI verspätet) gestellt, ist gegebenenfalls ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch anzuerkennen.

3.3.2.2 Erreichen der Regelaltersgrenze vor dem 01.01.2019
Nach aktueller Beschlusslage der Gremien der Deutschen Rentenversicherung besteht keine Hinweispflicht gem. § 115 Abs. 6 SGB VI in den Fällen, in denen Versicherte

  • die allgemeine Wartezeit für die Regelaltersrente zum 01.01.2019 erstmalig durch die zusätzlichen Kindererziehungszeiten gem. § 249 Abs. 1 SGB VI erfüllen und
  • die Regelaltersgrenze bereits vor dem 01.01.2019 erreicht hatten.

Im Einzelfall ist in diesen Fällen unter Umständen gem. § 14 SGB I eine Beratung der Versicherten geboten. Werden Rentenanträge verspätet gestellt, ist gegebenenfalls ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch anzuerkennen.

3.4 Berücksichtigung im Rahmen von Kindererziehungsleistungen (KLG) (§§ 295, 295a SGB VI)
Müttern, die vor dem 01.01.1921 geboren wurden und die eine Kindererziehungsleistung nach §§ 295, 295a SGB VI erhalten, steht jeweils eine Erhöhung dieser Leistung um den Wert von einem halben persönlichen Entgeltpunkt bzw. halben persönlichen Entgeltpunkt (Ost) zu.

3.5 Auswirkungen auf andere Sozialleistungen – Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X
Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ist – anders als die KLG-Leistung – als Einkommen bei anderen Sozialleistungen zu berücksichtigen. § 299 SGB VI gilt insoweit nicht.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Sozialämter und Jobcenter – wie auch bei der „Mütterente I“ im Jahr 2014 – vorsorglich Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X auf die Nachzahlungen aus der „Mütterrente II“ (Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung gem. § 307d SGB VI) anmelden werden. Da diese Leistungsträger nicht über die nötigen Daten verfügen, um festzustellen, ob der jeweilige Rentenbezieher tatsächlich von der „Mütterrente II“ profitiert, gehen die Erstattungsansprüche auch vielfach in Fällen ein, die nicht von den gesetzlichen Neuregelungen durch das RV-LVStG betroffen sind. In allen Fällen, in denen keine KEZ oder KiBüZ für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder im Versicherungskonto anerkannt sind, kann die Erstattungsforderung daher bereits zurückgewiesen werden.

4. Kindererziehungszeiten bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen (§ 56 Abs. 2 S. 8 – 10 SGB VI)
Eine Zuordnung von Kindererziehungszeiten auf der Grundlage der bisherigen Regelung konnte bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen nicht erfolgen, wenn die Eltern keine wirksame Erklärung abgegeben haben und eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorliegt. Mit der Ergänzung des § 56 Abs. 2 S. 8 bis 10 SGB VI wird geregelt, wem und in welcher Weise in diesen Fällen die Kindererziehungszeiten zugeordnet werden.

Haben gleichgeschlechtliche Elternteile keine übereinstimmende Erklärung abgegeben und liegt eine überwiegende Erziehung nicht vor (§ 56 Abs. 2 S. 9 SGB VI), erfolgt die Zuordnung der Kindererziehungszeiten zu dem Elternteil nach den §§ 1591 oder 1592 BGB.

Danach ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Vater eines Kindes ist gemäß § 1592 BGB der Mann,

  • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
  • der die Vaterschaft anerkannt hat oder
  • dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB oder § 182 Abs. 1 FamFG gerichtlich festgestellt ist.

Falls es einen solchen Elternteil nicht gibt, erfolgt die Zuordnung der KEZ zu dem Elternteil, der seine Elternstellung zuerst erlangt hat (beispielsweise bei einer sukzessiven Adoption zu demjenigen Elternteil, der das Kind zuerst adoptiert hat). Soweit danach keine Zuordnung möglich ist, werden die Erziehungszeiten zu gleichen Teilen im kalendermonatlichen Wechsel zwischen den Elternteilen aufgeteilt, wobei der erste Kalendermonat dem älteren Elternteil zuzuordnen ist (§ 56 Abs. 2 S. 10 SGB VI).

Die bisherigen Zuordnungen von Kindererziehungszeiten bei gleichgeschlecht-lichen Elternteilen sind nicht zu überprüfen.

5. Anerkennung verfolgungsbedingter Unterbrechungen der Kindererziehung – Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG)
Sofern Kinder wegen einer aus rechtsstaatswidrigen Gründen zu Unrecht erlittenen Haft in der ehemaligen DDR von den Eltern nicht erzogen werden konnten, bewirkt die Neuregelung des § 11a BerRehaG („Kindererziehungszeiten“) dennoch eine Berücksichtigung beim Ausgleich von rentenrechtlichen Nachteilen. Kindererziehungszeiten werden auch berücksichtigt, wenn diese bereits bei einer anderen Person berücksichtigt wurden. Zum Nachweis der Verfolgteneigenschaft bezüglich der verhinderten Erziehung erteilen die Rehabilitierungsbehörden auf Antrag eine Bescheinigung (§ 17 i. V. m. § 22 Abs. 2a Ber-RehaG). Ein Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Kinderberücksichtigungszeiten (V0800) ist nicht erforderlich.

Eine bereits bewilligte Rente ist nur auf Antrag neu festzustellen.

6. Doppelte Haltelinie für das Sicherungsniveau vor Steuern und Beitragssatz bis 2025 (§§ 154 Abs. 3, 287 SGB VI)
Um die Leistungsfähigkeit der allgemeinen Rentenversicherung zu gewährleisten, werden hinsichtlich des Sicherungsniveaus vor Steuern und des Beitrags-satzes sog. „doppelte Haltelinien“ eingezogen.

6.1 Niveausicherungsklausel (Sicherungsniveau vor Steuern)
In der allgemeinen Rentenversicherung darf das Sicherungsniveau vor Steuern 48 % (auch als Rentenniveau bezeichnet) bis zum Jahr 2025 nicht unterschreiten (§ 154 Abs. 3 SGB VI). Die Rentenanpassungsformel wird daher um eine Niveauschutzklausel ergänzt, die dafür sorgt, dass die Renten bis zum Jahr 2025 so angepasst werden, dass mindestens ein Niveau von 48 % erreicht wird.

6.2 Beitragssatzgarantie
Der Beitragssatz darf 20 % bis zum Jahr 2025 nicht überschreiten (§ 154 Abs. 3 SGB VI). Gleichzeitig wird der Beitragssatz für 2019 von 18,6 % in der allgemeinen Rentenversicherung als unterste Grenze festgeschrieben (§ 287 SGB VI).

7. Entlastung von Geringverdienern – Übergangsbereich (§ 163 Abs. 10 SGB VI, § 20 Abs. 2 SGB IV)
Geringverdiener sollen hinsichtlich der Sozialabgaben entlastet werden. Die bisherige Gleitzone wird deshalb zu einem sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich weiterentwickelt, der Arbeitsentgelte aus mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigungen, die regelmäßig die Grenze von 1.300 Euro im Monat nicht überschreiten, umfasst.

Da diese Änderung erst zum 01.07.2019 in Kraft tritt, folgen entsprechende Informationen gesondert.

B) Rechtsänderungen in der KVdR und PVdR zum 01.01.2019

1. Rückkehr zur paritätischen Finanzierung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung

Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Versichertenentlastungsgesetz

Mit der Änderung des § 249a SGB V wird zum 01.01.2019 die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung vollzogen. Daraus ergibt sich für versicherungspflichtige Rentner in der Regel eine geringere Beitragsbelastung in der KVdR sowie für Bezieher eines Beitragszuschusses eine Erhöhung desselben.

Für versicherungspflichtige Rentner kann es jedoch summarisch zu einer Verringerung der Nettorente führen, da sich zudem der Beitragssatz in der Pfle-geversicherung zum 01.01.2019 erhöht (vgl. Ziffer 2).

1.1 Versicherungspflichtige Rentner
Die RV-Träger haben wieder die Hälfte der vom Mitglied zu zahlenden KV-Beiträge, d. h. einschließlich des kassenindividuellen Zusatzbeitrages zu tragen (§ 242 SGB V).

1.2 Rentner mit Anspruch auf einen Beitragszuschuss
Freiwillig Versicherte (§ 106 Abs. 2 SGB VI): Rentenbezieher, die freiwillig versichert sind, erhalten einen erhöhten Beitragszuschuss, da sich der RV-Träger wieder hälftig an den Aufwendungen beteiligt, die sich für die Rentenbezieher aus der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes in der gesetzlichen KV (§ 242 SGB V) auf den Zahlbetrag der Rente ergeben.

Privat Versicherte (§ 106 Abs. 3 SGB VI):
Rentenbezieher, die privat versichert sind, erhalten einen erhöhten Beitragszuschuss, sofern dieser nicht begrenzt zu zahlen ist, mit der Besonderheit, dass anstelle des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz (§ 242a SGB V) maßgebend ist.

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird zum 01.01.2019 von 1,0 % auf 0,9 % abgesenkt.

2. Erhöhung des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung (PVdR)

Fünftes Gesetz zur Änderung des elften Buches Sozialgesetzbuch – Beitragssatzanpassung

Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung i. S. von § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI erhöht sich zum 01.01.2019 von derzeit 2,55 % auf 3,05 %, sofern der Rentner nicht kinderlos ist. Für kinderlose Rentner erhöht sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung von 2,8 % auf 3,3 %.

ab 01.01.2017ab 01.01.2019
voller Pflegebeitragssatz - mit Kind2,55 %3,05 %
halber Pflegebeitragssatz (Beamte) - mit Kind1,275 %

1,525 %

voller Pflegebeitragssatz bei Kinderlosigkeit2,8 %3,3 %
halber Pflegebeitragssatz (Beamte) bei Kinderlosigkeit1,525 %1,775 %

3. Benachrichtigung der Rentner (Sonderaktion)
Bei der Sonderaktion werden die Rückkehr zur hälftigen Beitragstragung (KVdR bzw. Beitragszuschuss) und die Erhöhung des Pflegebeitragssatzes (PVdR) zum 01.01.2019 zusammen umgesetzt.

Rentenbezieher eines Beitragszuschusses erhalten generell einen Ände-rungsbescheid, es sei denn, die Höhe des Beitragszuschusses bleibt unverändert (bspw. bei Verzichts- oder Begrenzungsfällen).

Für versicherungspflichtige Rentenbezieher gilt Folgendes: Bei der Umsetzung der beiden Gesetze können die RV-Träger das sog. Kontoauszugsverfahren (Hinweistext auf dem Kontoauszug) nach § 255 Abs. 1 Satz 2 SGB V anwenden.

Sofern Fälle vom Kontoauszugsverfahren ausgenommen sind, werden Be-scheide bis Ende Januar 2019 erteilt.

C) Geänderte Vordrucke und Hinweise hierzu

Seit der Bekanntgabe des letzten Rundschreibens wurden die folgenden R-Vordrucke geändert und werden mit dem Stand 07.06.2018 angeboten:

R0100, R0110, R0120, R0210, R0220, R0230, R0240, R0500, R0505, R0506, R0615, R0620, R0630, R0660, R0670, R0682, R0830, R0995, R0996.

Mit dem Stand 01.01.2019 werden die Vordrucke R0101, R0501 und R0820 angeboten. Aus organisatorischen Gründen stehen die Papierversionen der Vordrucke erst Anfang Januar 2019 zur Verfügung. Wir bitten diesbezüglich um Ihr Verständnis.

Die Änderungen in den Vordrucken sind im Wesentlichen auf Klarstellungen und redaktionelle Anpassungen zurückzuführen.

Hinweisen möchten wir insbesondere darauf, dass in den Vordrucken R0100, R0110, R0120, R0500, R0505, R0506, R0615 und R0820 auf der Seite 1 im Kopf die Abfrage „Datum der Antragstellung“ entfernt wurde. Die Vorgabe ist entbehrlich, denn die Prüfung der rechtswirksamen Antragstellung erfolgt in Verbindung mit der Antragsbearbeitung bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger.

Im Vordruck R0210 wurde eine Frage zur Abfrage der Sprachkompetenz aufgenommen. Es ist anzugeben, ob eine Verständigung in deutscher Sprache möglich ist (Frage 12.3) und ob ein Dolmetscher benötigt wird (Frage 12.3.1).

Folgende V-Vordrucke wurden zudem geändert und stehen mit dem Stand 27.06.2018 zur Verfügung: V0100, V0210, V0800, V0900, V0910.

In dem letzten Rundschreiben haben wir Sie informiert, dass die EU-Datenschutz-Grundverordnung am 24.05.2016 in Kraft getreten ist und seit dem 25.05.2018 als unmittelbar anzuwendendes Recht gilt.

Die geänderten R-Vordrucke hatten wir in unserem Rundschreiben bereits genannt. Folgende V-Vordrucke wurden diesbezüglich ebenfalls angepasst (Stand: 25.05.2018):
V0005, V0020, V0023, V0030, V0035, V0040, V0050, V0060, V0080, V0100, V0110, V0210, V0800, V0900.

D) Broschüre „Helfer in der Nachbarschaft“

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die Verteilung unserer Broschüre „Helfer in der Nachbarschaft“ zukünftig nicht mehr erfolgen wird. Sie haben jedoch die Gelegenheit, über unsere Homepage Versichertenälteste und Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung regional und überregional zu ermitteln.

Der Zugriff ist wie folgt möglich: www.deutsche-rentenversicherung-westfalen.de

  • Startseite: „Ihr kurzer Draht zu uns“ / „Beratung in meiner Nähe“ / „Versichertenberater/-älteste“.

Wenn Sie darüber hinaus noch einen Bedarf an Broschüren „Helfer in der Nachbarschaft“ geltend machen möchten, wenden Sie sich bitte an das Referat Unternehmenskommunikation.

E) Vielen Dank

Auch in diesem Jahr bedanken wir uns ganz herzlich bei Ihnen für die gute Zusammenarbeit.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen eine schöne Weihnachtszeit, ein schönes Weihnachtsfest und für das neue Jahr alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

Potthoff

Gen.-Akte: 38 – 02 – 200
360 – 2307/2018

Auskunft erteilt:
Thema: RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz
Frau Kellmann (Ziff. 2 – 4)
Frau Nordemann (Ziff. 3.5)
Frau Gräb (Ziff. 3.3.2)
Herr Knöpker (Ziff. 5)
Herr Geßmann (Ziff. 6)
Herr Terwey Ziff. 7)

Thema: Rechtsänderungen in der KVdR/PVdR zum 01.01.2019
Herr Geßmann

Alle weiteren Themen:
Sandra Oellermann

Telefax: 0251 238-3004