Deutsche Rentenversicherung

Rundschreiben 2/2022

an alle antragaufnehmenden Stellen
- nachrichtlich auch an Krankenkassen und andere Stellen

A) Änderungen des Hinzuverdienstrechts und der Einkommensanrechnung durch das 8. SGB IV-Änderungsgesetz

Mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) wird die Anrechnung von Hinzuverdienst auf Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze und Erwerbsminderungsrenten neu geregelt:

Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten wird ersatzlos gestrichen. Neben dem Bezug einer Altersrente kann zukünftig hinzuverdient werden, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die Rente kommt. Durch die damit einhergehende Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein Beitrag geleistet werden, dem bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Bei Altersrenten sind Angaben zum Hinzuverdienst (Prognose) daher für Zeiten ab 01.01.2023 nicht mehr erforderlich. Die Antragsformulare werden angepasst.

Eine Wunschteilrente auf Antrag des Versicherten (§ 42 SGB VI) ist auch weiterhin möglich.

Beachte:

Bei versicherten Personen, die mindestens bis zum 31.12.2022 eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, gilt ein Antrag auf vorgezogene abschlagsfreie Altersrente mit einem gewünschten Rentenbeginn zum 01.01.2023 in der Zeit vom 01.01.2023 bis zum 31.03.2023 als rechtzeitig gestellt. Aus Vertrauensschutzgründen wird hier der 31.12.2022 als Zeitpunkt der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zugrunde gelegt, wenn auch die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen am 31.12.2022 erfüllt sind.

Für Renten wegen Erwerbsminderung werden die bisherigen Hinzuverdienstgrenzen angehoben. Der Hinzuverdienstdeckel wird abgeschafft.

Für die Rente wegen voller Erwerbsminderung wird die bisherige feste Hinzuverdienstgrenze von 6.300 EUR ab 01.01.2023 angehoben. Es gilt dann eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von drei Achteln der 14fachen monatlichen Bezugsgröße. Im Kalenderjahr 2023 beträgt sie 17.823,75 EUR. Die Hinzuverdienstgrenze ist damit künftig dynamisch und wird jährlich neu bestimmt.

Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird die Hinzuverdienstgrenze – wie bisher auch schon – individuell errechnet. Sie beträgt das 9,72fache der monatlichen Bezugsgröße, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Die kalenderjährliche Mindesthinzuverdienstgrenze wird nun auf sechs Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße angehoben. Im Kalenderjahr 2023 beträgt sie 35.647,50 EUR.

Mit der angehobenen Hinzuverdienstgrenze soll Bezieherinnen und Beziehern einer Erwerbsminderungsrente ermöglicht werden, innerhalb ihres verbliebenen Leistungsvermögens einen höheren Verdienst als bisher zu erzielen. Dies kann eine Brücke zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bilden. Gleichwohl ist weiterhin zu prüfen, ob die verminderte Erwerbsfähigkeit noch vorliegt.

Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist nur dann zu leisten, wenn aufgrund der Einschränkung des Leistungsvermögens eine verminderte Erwerbsfähigkeit weiterhin vorliegt. Ein (höherer) Hinzuverdienst kann daher grundsätzlich nur innerhalb des verbliebenen Restleistungsvermögens, also bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in einer Beschäftigung oder Tätigkeit von unter drei Stunden täglich und bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von unter sechs Stunden täglich erzielt werden.

Bei der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes wird die Bestimmung des laufenden monatlichen Einkommens bei Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung neu geregelt, weil zukünftig die erforderlichen Angaben durch ein digitales Abrufverfahren ermittelt werden sollen.

Es kommt nur noch auf das monatliche Einkommen im angefragten Monat an. Bei schwankenden Bezügen wird ein Durchschnitt nicht mehr gebildet. Statt der noch zu erwartenden Sonderzuwendungen wird einmalig gezahltes Arbeitsentgelt aus dem Vorjahr zu einem Zwölftel hinzugerechnet. Wurde das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt aus dem Vorjahr nicht vom aktuellen Arbeitgeber gezahlt (Wechsel des Arbeitgebers), wird dieses Arbeitsentgelt jedoch nicht berücksichtigt.

Die neuen Regelungen sind ab 01.01.2023 anzuwenden, auch wenn der digitale Abruf von Entgeltdaten (noch) nicht möglich ist, weil das technische Verfahren noch nicht zur Verfügung steht oder der Arbeitgeber an diesem Verfahren nicht teilnimmt.

Die entsprechenden Formulare zur Einkommensermittlung (R0664, R0665 und R0670) werden an die neue Rechtslage angepasst.

B) Bürgergeld-Gesetz

hier: Aufhebung der Pflicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente (§ 12a SGB II)

Bezieher von Leistungen nach dem SGB II sind gemäß § 12a S. 1 SGB II grundsätzlich verpflichtet, andere Sozialleistungen zu beantragen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Zu dieser Pflicht gehörte bislang auch die Inanspruchnahme von vorzeitigen, also abschlagsbehafteten, Altersrenten nach Vollendung des 63. Lebensjahres.

Durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz) vom 16.12.2022 (BGBl. I S. 2328) sind Versicherte (zunächst) in der Zeit vom 01.01.2023 bis 31.12.2026 nicht mehr verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig, also mit Abschlägen, in Anspruch zu nehmen (§ 12a S. 3 SGB II i. d. F. ab 01.01.2023). Dies gilt auch dann, wenn ein Jobcenter vor dem 01.01.2023 eine leistungsberechtigte Person nach § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II aufgefordert hat, einen Antrag auf eine vorzeitige Altersrente zu stellen und das Jobcenter den Antrag nach dem 31.12.2022 selbst stellt, weil die versicherte Person der Aufforderung nicht Folge geleistet hat (§ 65 Abs. 2 SGB II i. d. F. ab 01.01.2023).

Sobald die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ungeminderte, also abschlagsfreie, Inanspruchnahme vorliegen, sind Versicherte dagegen weiterhin verpflichtet, eine Rente wegen Alters in Anspruch zu nehmen.

C) Papierarme Kommunikation

Aus Umweltgründen werden wir zukünftig die Auflagen der auch als Papierexemplare bereitgestellten Formulare reduzieren. Wir bitten Sie, bei der Bestellung von Papierexemplaren – sofern möglich – kleine Stückzahlen zu bestellen und für die Antragsaufnahme möglichst unsere Online-Dienste (eAntrag) zu nutzen.

Für die Übermittlung von Unterlagen / Nachweisen an den Rentenversicherungsträger steht auf unserer Internetseite das Formular S8003 zur Verfügung. Dies kann auch von den Kundinnen und Kunden genutzt werden, wenn Unterlagen / Nachweise zu einem Antrag nachgereicht werden. Die Übermittlung erfolgt online unter
www.deutsche-rentenversicherung.de/eantrag-S8003

Wir bitten Sie, die antragstellenden Personen auf diese Möglichkeit hinweisen. Sukzessive werden auch die Anforderungsschreiben mit einem Hinweis auf diese Möglichkeit versehen.

D) Neues bundeseinheitliches Formular

R4100 (Anpassungsregelung nach Versorgungsausgleich – Hinweise und Antrag)

Im Rahmen einer Scheidung wird der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei gibt normalerweise jeder der beteiligten Personen jeweils die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen gesetzlichen und privaten Altersversorgungsansprüche ab. Nähere Einzelheiten können Sie unserer Broschüre "Geschiedene: Ausgleich bei der Rente" entnehmen.

Stirbt eine geschiedene Person, ohne zuvor für einen Zeitraum von länger als 36 Monaten aus den in gesetzlichen Altersversorgungssystemen erworbenen Anrechten eine Leistung bezogen zu haben, kann für die überlebende geschiedene Person im Rahmen der Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person die Kürzung der eigenen (abgegebenen) Anrechte ausgesetzt werden (§ 37 VersAusglG). Gleichzeitig erlöschen die Anrechte, die die überlebende geschiedene Person im Versorgungsausgleich in den gesetzlichen Alterssicherungssystemen erworben hat.

Zur Sicherstellung, dass bei einem Antrag auf Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person die beteiligten Versorgungsträger unverzüglich informiert werden können und die ausgleichspflichtige Person vor einer wirksamen Antragstellung vollumfänglich beraten werden kann, steht das neue bundeseinheitliche Formular R4100 zur Verfügung. Auf eine Bereitstellung dieses Formulars als Papierexemplar wird aus den im Abschnitt C genannten Gründen verzichtet, es ist im Internet abrufbar.

Verbunden mit der Bereitstellung dieses Formulars wurde im Formular R0100 die Ziffer 9.3 ("Wurde ein Versorgungsausgleich wegen Ehescheidung / Aufhebung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft durchgeführt?") sowie im Formular R0110 die Ziffer 7.1 überarbeitet. Das Formular R0101 wurde ebenfalls angepasst.

E) Geänderte Formulare und Hinweise hierzu

Layoutänderung:
Hinweisen möchten wir zunächst auf eine Layoutänderung in der Fußzeile bei bundeseinheitlichen Antragsformularen. Die Fußzeile im Formular R0100 lautet zukünftig beispielsweise:
Seite 1 von 21
R0100-00
Version 43028

Insofern entfällt zukünftig bei der Bekanntgabe aktualisierter Formulare die Angabe des Datums (Stand). Die jeweils aktuellen Versionen der Formulare sind im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de/formulare abrufbar.

Geänderte R-Formulare:
Im Rundschreiben Nr. 1/2022 haben wir Sie zuletzt über geänderte Formulare informiert. Zwischenzeitlich wurden folgende R-Formulare geändert und stehen ab dem 01.01.2023 aktualisiert zur Verfügung:
R0100, R0101, R0110, R0120, R0210, R0500, R0501, R0505, R0610, R0615, R0615, R0664, R0665, R0670, R0820.

In den Formularen R0100, R0101, R0110, R0501, R0664, R0665, R0670 wurden bereits die Änderungen aufgrund des Entwurfs des 8. SGB IV Änderungsgesetztes – insbesondere der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten zum 01.01.2023 – berücksichtigt.

Die weiteren Änderungen in den Formularen sind im Wesentlichen auf Klarstellungen und redaktionelle Anpassungen zurückzuführen.

Die Formulare R0610 und R0615 enthalten nur geringfügige Änderungen, daher wurde zunächst auf eine Neuauflage als Papierexemplar verzichtet.

Verzicht auf die Aushändigung des Merkblattes zur KVdR und Pflegeversicherung – R0815

Da auch aus Umweltgründen weitestgehend auf die Aushändigung des KVdR-Merkblattes verzichtet werden soll, enthält die eAntrag-Version zum 01.01.2023 folgenden Passus:

"Das Merkblatt zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und Pflegeversicherung (Formular R0815) habe ich erhalten beziehungsweise werde ich in der Online-Version auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung - www.deutsche-rentenversicherung.de/merkblatt-R0815 - lesen."

Für das KVdR-Meldeformular (R0810) ist eine entsprechende redaktionelle Anpassung in eAntrag ebenfalls zum 01.01.2023 vorgesehen.

In den Papierformularen R0100, R0500 und R0615 erfolgt die Änderung zum 01.07.2023.

Geänderte V-Formulare:

Die im folgenden genannten V-Formulare wurden ebenfalls geändert und stehen wie folgt zur Verfügung:

V0030 mit Stand 25.04.2022
V0060 / V0061 mit Stand 27.06.2022

Ebenfalls geändert wurden die Formulare V0800, V0810, V0900 und V0910. Sie stehen – mit Stand 17.05.2022 – derzeit nur online zur Verfügung. Die Druckversionen folgen in Kürze.

F) Versand der Rundschreiben zukünftig nur noch elektronisch

Ab dem kommenden Jahr werden wir auf den Druck der Papierexemplare verzichten und Ihnen unsere Rundschreiben nur noch elektronisch zur Verfügung stellen.

Möchten Sie also zukünftig unsere Rundschreiben erhalten, senden Sie bitte eine E-Mail an
gruppe-e-grundsatzreferat@drv-westfalen.de.

Die Rundschreiben erhalten Sie dann per E-Mail. Sie können die Rundschreiben aber auch im Internet auf
www.deutsche-rentenversicherung-westfalen.de/Experten/Versicherungsaem-ter_und_Gemeinden/Rundschreiben_Rente
einsehen.

G) Vielen Dank

Das bewegte Jahr 2022 neigt sich dem Ende zu. Für die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr bedanken wir uns daher ganz herzlich bei Ihnen und wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen ein besinnliches Weihnachtsfest. Für das Jahr 2023 wünschen wir Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

Heins

Gen.-Akte: 38 – 02 – 200
360 – 1212/2022

Auskunft erteilt:
Thema: Änderungen des Hinzuverdienstrechts und der Einkommensanrechnung durch das 8. SGB IV-Änderungsgesetz
Frau Völmeke
E-Mail: gruppe-d-grundsatzreferat@drv-westfalen.de

Thema: Bürgergeld-Gesetz
Frau Richter
E-Mail: gruppe-e-grundsatzreferat@drv- westfalen.de

Thema: Neues bundeseinheitliches Formular
Herr Schulte
E-Mail: gruppe-b-grundsatzreferat@drv-westfalen.de

Thema: Alle weiteren Themen
Frau Oellermann
E-Mail: gruppe-e-grundsatzreferat@drv-westfalen.de

Telefax: 0251 238-3004