Nachgefragt
Christian Schöppner ist Mitglied der Geschäftsführung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen. Der Jurist ist zuständig für Finanzen, IT und die eigenen Kliniken.
Im Jahr 2023 wurde die bundesweite qualitätsorientierte Zuweisungssteuerung eingeführt und so das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten bei der Auswahl einer Rehaklinik gestärkt. Wie hat sich dies auf die Kliniken der DRV Westfalen ausgewirkt?
Jede unserer fünf Rehakliniken ist konstant sehr gut ausgelastet, was für die hohe Qualität der Kliniken spricht. Sie profitieren auch davon, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten bei der Auswahl der Rehaklinik gestärkt wurde. Die Nachfrage ist auf einem sehr hohen Niveau, das belegen insbesondere auch die gestiegenen Quoten der Belegungen durch andere Kostenträger. Nur noch 28 Prozent aller Rehabilitanden in unseren Kliniken sind Versicherte der DRV Westfalen. Unsere Kliniken behaupten sich sowohl fachlich als auch wirtschaftlich außerordentlich gut am Markt.
Herr Schöppner, die DRV Westfalen tritt als Kostenträger und als Leistungserbringer auf. Warum betreibt die DRV Westfalen überhaupt fünf eigene Rehakliniken?
Die Erfahrungen, die wir in unseren eigenen Kliniken machen, ermöglichen es uns, beispielsweise Qualitätsvorgaben direkt in der Praxis zu beurteilen. Hier werden Theorie und Praxis zum Wohle der Rehabilitanden optimal vernetzt. Außerdem treten wir den Beweis an, dass gute Arbeitsbedingungen mit Tarifbindung einen wirtschaftlichen Betrieb nicht ausschließen.
Welche Rolle spielt die Rehabilitationsforschung an unseren Kliniken?
Reha-Forschung ist wichtig, um die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten stetig zu verbessern. Hier setzen wir auf evidenzbasierte Erkenntnisse, von denen die gesamte Reha-Landschaft profitiert. Forschung ist wichtig, allzu oft wird sie wirtschaftlichen Erwägungen geopfert. Wir sind überzeugt, dass eine hohe Qualität und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse langfristig den Reha-Erfolg sichern, das rechnet sich dann für den einzelnen Patienten und auch für die Versichertengemeinschaft.
Investition in die Zukunft: Modernisierung und Ausrichtung
Quelle:DRV Westfalen
Ein ganzes Haus zieht um: das Modulhaus der DRV Westfalen wird verladen und kommt per Fähre von der Insel Norderney aufs Festland.
Ein guter baulicher Zustand von Rehabilitationskliniken ist auch entscheidend dafür, dass die angebotenen Rehabilitationsmaßnahmen nachgefragt werden. Aus diesem Grund investiert die Deutsche Rentenversicherung Westfalen regelmäßig in die bauliche Infrastruktur der Kliniken. Geplant sind umfangreichere Baumaßnahmen in der Salzetalklinik in Bad Salzuflen. Mit der Verabschiedung des Haushalts 2025 gab die Selbstverwaltung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen im Dezember 2024 weitere knapp 3,6 Millionen Euro für die Zukunft ihrer Kliniken frei. Im Vorjahr traf das Selbstverwaltungsgremium bereits Investitionsentscheidungen für Baumaßnahmen in der Klinik Münsterland in Bad Rothenfelde in Höhe von 60 Millionen Euro. Und das jeweils aus gutem Grund, wie Direktor Christian Schöppner erläutert: „Unsere Investitionen in die Kliniken belegen den hohen Stellenwert, den wir unseren Kliniken beimessen. Sie ermöglichen uns, Standards zu setzen und die Reha auch durch unsere Forschungen immer weiter zu verbessern.“ Schließlich geht es um die erfolgreiche Wiedereingliederung von Menschen, die durch eine Erkrankung oder körperliche Beeinträchtigungen beruflich nicht teilhaben könnten. Hier übernimmt die Versichertengemeinschaft eine wichtige Aufgabe. Die DRV Westfalen steht dabei für eine finanziell und ökologisch nachhaltige Modernisierung der Kliniken. Für den Startschuss der Arbeiten in der Klinik Münsterland zogen zunächst die eigens dafür angeschafften Modulhäuser vom Gelände der Klinik Norderney nach Bad Rothenfelde.
Klinik Königsfeld: Duale Somatische Reha startet
Ein Reha-Programm, das im Jahr 2024 weiterentwickelt wurde und im Frühjahr 2025 in der Klinik Königsfeld in Ennepetal an den Start gehen wird, ist die „Duale Somatische Rehabilitation (DuoReha)“. Das Programm ist für Menschen gedacht, die gleichzeitig Probleme mit dem Herzen und den Gelenken oder Muskeln haben. Das Besondere daran ist, dass beide Arten von Problemen gleichzeitig und umfassend behandelt werden, wobei die Behandlung genau auf die Bedürfnisse jeder einzelnen Patientin, jedes einzelnen Patienten abgestimmt wird. Bisherige Reha-Programme haben sich meist nur auf eine Art von Problem konzentriert. DuoReha ist anders, weil es beide Bereiche, Herz und Gelenke, zusammen behandelt. Die Klinik Königsfeld ist die erste Klinik in ganz Deutschland, die diese Kombination von Behandlungsschwerpunkten anbietet. Ziel ist, dass die Patientinnen und Patienten durch die Behandlung schneller gesund werden und sich langfristig besser fühlen.
Welche Zielgruppen profitieren von diesem Ansatz?
Die Zielgruppe umfasst Rehabilitandinnen und Rehabilitanden mit zwei gleichwertigen Erkrankungen, die sich gegenseitig beeinflussen. Typische Beispiele sind Berufskraftfahrer, deren überwiegend sitzende Tätigkeit und ungesunde Ernährungsgewohnheiten das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Gleichzeitig klagen sie oft über Beschwerden im Schultergürtel und Rücken, verursacht durch einseitige Belastungen. Ebenso profitieren Berufsgruppen mit hoher körperlicher Beanspruchung, wie Schweißer oder Bauarbeiter, von diesem Ansatz.
Welche Ziele verfolgt die duale Reha?
Die zentralen Ziele sind das frühzeitige Stoppen negativer Wechselwirkungen zwischen den Erkrankungen, eine verbesserte Krankheitsbewältigung sowie ein tieferes Verständnis der Wechselwirkungen. Darüber hinaus soll die Eigenständigkeit der Patientinnen und Patienten gefördert werden, indem Mobilität und Selbsthilfefähigkeit verbessert werden. Letztlich strebt die Deutsche Rentenversicherung eine Reintegration in das häusliche und vor allem berufliche Umfeld an.
Wie ist die Therapie strukturiert?
Ein besonderes Merkmal der dualen Reha ist die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Dazu gehören gemeinsame Aufnahmen, Fallbesprechungen und Visiten durch interdisziplinäre Teams aus beiden Bereichen. Diese Teams erstellen Behandlungspläne, überwachen den Therapieerfolg und führen eine abteilungsübergreifende sozialmedizinische Leistungsbeurteilung durch.
Was macht die Klinik Königsfeld speziell?
Die Klinik Königsfeld kombiniert Ausdauertraining, das überwiegend kardiologisch orientiert ist, mit Krafttraining, das sich primär auf orthopädische Bedürfnisse konzentriert. Zusätzlich wird großer Wert auf ausreichende Regenerationszeiten gelegt, um den Heilungsprozess zu unterstützen.
Wie lange dauert die Rehabilitation und wie wird das Modell evaluiert?
Die Reha in der Klinik Königsfeld dauert fünf Wochen. Die duale Reha wird als Modellprojekt für eine Dauer von drei Jahren erprobt und einer Evaluation unterzogen. Dabei wird beispielsweise untersucht, wie effektiv und nachhaltig die Behandlung der 450 teilnehmenden Rehabilitandinnen und Rehabilitanden ist. Ihre Zufriedenheit wird direkt nach der Reha erfasst, während die Arbeitsfähigkeit zu Beginn, nach sechs und erneut nach 12 Monaten überprüft wird.
Was sind die spezifischen Vorteile dieses Ansatzes?
Der große Vorteil liegt in der ganzheitlichen Behandlung, bei der beide Erkrankungen gleichberechtigt adressiert werden. Das verbessert nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern stärkt auch die Krankheitsbewältigung und die langfristige Lebensqualität der Patientinnen und Patienten.
Schluss mit Zettelwirtschaft
Digitalisierung und Nutzungszentrierung sind auch für unsere Kliniken von besonderer Bedeutung. So bilden wir beispielsweise zukünftig speziell für die Betreuung unserer Kliniken Kaufleute für Digitalisierungsmanagement aus. Die Patientinnen und Patienten unserer Kliniken profitieren vor und während ihres Reha-Aufenthalts durch den Einsatz unserer App "Ihre Reha". Alle relevanten Termine während der Rehabilitation finden sich im Kalender der App. Klar strukturiert und sicher, ganz ohne Papierkram. Trainingsvideos, Anleitungen und Inspirationen finden sich dort im Bereich Gesundheitsmedien. Hinweise zur Nachsorge und weitere wertvolle Tipps helfen, den nachhaltigen Erfolg der Rehabilitation zu sichern. Zudem liefern Links zu vertrauenswürdige Quellen vertiefende Einblicke in spezifische Themen.
Quelle:DRV Westfalen
Vor, während und nach der Reha informiert: Mit der App Ihre-Reha haben Patientinnen und Patienten der fünf eigenen Kliniken der DRV Westfalen alle wichtigen Informationen in der Hosentasche.
Digitale Übersicht -
Ihre-Reha.de
Auf www.ihre-reha.de informieren wir über die Reha-Möglichkeiten in unseren Kliniken, die Forschungen und das, was uns besonders auszeichnet. Hier können sich angehende Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, Sozialdienste und alle anderen Interessierten einen Überblick über unsere Expertise und unser Behandlungsangebot verschaffen und gängige Fragen rund um das Thema Rehabilitation klären.
Diese Informationen sind Bestandteil des digitalen Jahresberichts für das Jahr 2024. Der Bericht ist am 7. Mai 2025 erschienen.