Deutsche Rentenversicherung

50 Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen

Deutsch-polnisches Sozialversicherungsabkommen

Datum: 20.05.2025

Vor 50 Jahren unterzeichneten Polen und Deutschland in Warschau ein Sozial­versicherungs­abkommen. Ziel war es, die sozialen Rechte und deren Schutz für Menschen zu verbessern, die in der damaligen Zeit Versicherungszeiten in beiden Ländern erworben hatten. Das Abkommen stellte sicher, dass Ansprüche auf Renten, Krankenversicherung oder andere soziale Leistungen bei einem Umzug ins Nachbarland nicht verloren gingen. Für bestimmte Personengruppen findet das Abkommen noch immer Anwendung. Das 50-jährige Bestehen wurde daher gestern, gemeinsam mit der polnischen Sozialversicherungsanstalt (ZUS), in Warschau gewürdigt.

Das Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen wurde vor 50 Jahren – am 9. Oktober 1975 – von den damaligen Außenministern Genscher und Olszowski in Warschau unterzeichnet. Hintergrund waren die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der damaligen Zeit. Nach zwei Weltkriegen, Gebietsverschiebungen und Vertreibungen kam es in den 1970er Jahren unter Bundeskanzler Willy Brandt zu einer schrittweisen Annäherung zwischen beiden Staaten, die auch als „Wandel durch Annäherung“ bezeichnet wurde.

Die damalige Bundesrepublik suchte nach besseren Beziehungen zu den osteuropäischen Ländern, um politische Spannungen abzubauen und den Austausch zu fördern. Zudem gab es eine zunehmende Zahl von Menschen, die Polen verließen und in Deutschland tätig waren, was den Bedarf an einer rechtlichen Regelung im Bereich der sozialen Sicherheit erhöhte. Ohne ein solches Abkommen wären diese Arbeitnehmer und ihre Familien dem Risiko ausgesetzt gewesen, ihre Ansprüche auf soziale Leistungen zu verlieren und bürokratische Hürden überwinden zu müssen. Das Abkommen war somit Teil der Bemühungen, die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu verbessern, die Rechte der im Ausland arbeitenden Menschen zu schützen und die soziale Sicherheit in einer Zeit wachsender Migration zu gewährleisten. Zugleich spiegelte es die politischen Bemühungen wider, die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen in einer Phase der Entspannung und Kooperation zu stärken.

„Das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen hat sich als solide Grundlage grenzüberschreitender Zusammenarbeit bewährt“, so Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, beim Festakt in Warschau. „Durch die langjährige Zusammenarbeit sind die polnische und die deutsche Rentenversicherung zu engen und vertrauten Partnern geworden. In Zeiten wie diesen ist es wichtig, Freiheit und Sicherheit in Europa zu stärken. Wir Sozialversicherungsträger sind ein Teil davon und stehen zu unserer Verantwortung, den europäischen Gedanken und vor allem die Menschen, die ihn leben, zu unterstützen.“ Zum Abschluss ihrer Rede hob Roßbach die geladenen Vertreter beider Staaten hervor, die durch „ihre Anwesenheit unserer langjährigen Zusammenarbeit Bedeutung verleihen“ und bedankte sich „bei allen, die diese gemeinsame Feierlichkeit organisiert und ausgestattet haben.“

Für wen gilt das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen?

Das Abkommen gilt für Menschen, die vor 1991 nach Deutschland oder Polen gezogen sind und seitdem dort wohnen. Ihre in Deutschland und Polen zurückgelegten Versicherungszeiten werden nach dem sogenannten Eingliederungs- beziehungsweise Integrationsprinzip bei der Berechnung der Rente in das System des Staates übernommen, in dem sie wohnen. Betroffene werden damit so gestellt, als hätten sie ihr gesamtes Arbeitsleben in dem Staat zurückgelegt, in dem sie nun leben und Rente beziehen. Insbesondere für Menschen, die aus Polen nach Deutschland gezogen sind, ermöglicht das Abkommen eine angemessene Altersversorgung. Ihre Rentenzahlung erfolgt allein aus der Deutschen Rentenversicherung und beinhaltet auch die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten. Im Fall eines Wegzugs aus Deutschland endet diese Leistungspflicht für die polnischen Versicherungszeiten. Als zweiseitiges Abkommen gilt es auch umgekehrt für Versicherte, die von Deutschland nach Polen gezogen sind.

1991 wurde das Abkommen durch ein neues Sozialversicherungsabkommen zwischen beiden Staaten ersetzt. An die Stelle des Eingliederungsprinzips trat das Prinzip des Leistungsexports. Danach zahlt jeder Staat nur noch Renten für Versicherungszeiten, die im eigenen Land zurückgelegt wurden. Dies gilt auch dann, wenn Berechtigte ihren Wohnsitz im jeweils anderen Land haben.

Für diejenigen, die auf Grundlage des bisherigen Abkommens bereits eine Rente bezogen oder Anwartschaften erworben haben, gelten die Regelungen des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen von 1975 aus Gründen des Vertrauensschutzes weiter. Damit sind potenziell mehr als 900.000 Menschen, die bis Ende 1990 von Polen nach Deutschland gezogen sind, berechtigt, auch weiterhin eine deutsche Rente nach dem Abkommen von 1975 zu bekommen.

Wie viele Renten werden nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen von 1975 gezahlt?

Die Deutsche Rentenversicherung zahlte Ende 2023 rund 324.000 Renten nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen, davon 253.000 an Versicherte und 71.000 an Hinterbliebene. Hierin enthalten waren rund 20.400 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene Renten, 15.700 an Versicherte und 4.700 an Hinterbliebene.

Wie viele polnische Staatsangehörige arbeiten in Deutschland?

Mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union (EU) im Mai 2004 und der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Jahr 2011 ist die Anzahl der in Deutschland arbeitenden Menschen mit polnischer Staatsangehörigkeit stark gestiegen. Während 2003 rund 97.000 Polen in Deutschland gearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben, waren es Ende 2023 bereits knapp 630.000.

Wann gilt sogenanntes Europarecht und was regelt es?

Für polnische Staatsangehörige, die in Deutschland arbeiten und nicht unter das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen von 1975 fallen, gilt sogenanntes Europarecht. Es stellt sicher, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern keine Nachteile bei ihrer sozialen Absicherung entstehen, wenn sie im europäischen Ausland leben und arbeiten. So können beispielsweise Versicherungszeiten, die in Deutschland und Polen oder in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt wurden, zusammengerechnet werden, um bestimmte Mindestversicherungszeiten für eine Rente zu erfüllen. So erfüllt zum Beispiel ein Versicherter, der 20 Jahre in Deutschland und 15 Jahre in Polen gearbeitet hat, die Mindestversicherungszeit von 35 Jahren, um bereits vorzeitig mit 63 Jahren eine Altersrente für langjährig Versicherte aus der Deutschen Rentenversicherung beziehen zu können. Sind die Voraussetzungen für eine Rente erfüllt, zahlt jeder Staat aus den in seinem sozialen Sicherungssystem zurückgelegten Zeiten eine eigene Rente. Es ist daher möglich, dass Rentenzahlungen zeitgleich aus mehreren Staaten erfolgen. Eine “Gesamtrente“, die von einem Land auch für andere Länder gezahlt wird, gibt es im Europarecht grundsätzlich nicht.